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Die Vorbereitung zur Überfahrt in Griechenland
Gegen Nachmittag hatte sich das Wetter dann soweit gebessert, sodass wir uns entschlossen, auszulaufen und
um die Insel herum auf Skorpio, der Insel Onassis’, los zu segeln und schließlich im Hafen von Nidri auf
Lefkas an der Werft fest machten.
Nidri selbst ist ein quirliger Touristenort, in dem es neben vielen Strandkneipen alle möglichen Geschäfte
und Ausrüster gibt. Ein idealer Platz, um sein Schiff abzustellen. Die Werft selbst war kaum anders als
diejenige, die wir schon von Egina her kannten. Eine riesige schiefe Ebene, auf der mit Hilfe von
Schlitten die Schiffe empor gezogen wurden. Hier standen zu unserem Erstaunen selbst riesige Fischerboote
von über 100 Tonnen an Land, aus dem Wasser geholt mit derselben alten Schlittentechnik.
Die gesamte Abwicklung mit den Werftleuten verlief sehr gut und wir verstanden uns prächtig. Kiriakos, ein
muskulöser Grieche mit riesigem Bart, war der Chef der Technik. Er lief immer barfuss herum und seine
nackten Fußsohlen schienen mit Leder besetzt zu sein.
Als wir ankamen, war gerade die Mittagspause und Guy und ich gingen zum Haus von Kiriakos. Guy wurde auch
sofort als guter Freund eingelassen und ich folgte. Wir saßen am Tisch, aus dem Fernseher plärrten die
neuesten Nachrichten, die Krise im Irak mit Kuwait hatte gerade ihren Anfang genommen, und die Frau von
Kiriakos servierte uns den hiesigen, stark gesüßten Kaffee. Keiner sprach viel, man saß eigentlich nur so
herum und schaute wechselweise auf den anderen oder auf den Fernseher. Manchmal ein Wortwechsel über den
Krieg oder die Lage am Ort oder die Insel und wieder Stille. Zum Schluss wurde uns noch ein Whiskey
angeboten und irgendwann einmal beiläufig erwähnte Guy den Umstand, dass ich der neue Eigener bin und
Beligou wieder aufs Trockene solle. Erst aber wollte ich noch etwas um die Inseln segeln und in zwei
Wochen etwa würde das Boot aus dem Wasser kommen. Ich verhielt mich die ganze Zeit ziemlich ruhig und
versuchte mich in die Situation einzufinden.
Nach etwa einer Stunde verließen wir Kiriakos. „Das hast Du gut gemacht. Hier hast Du jetzt gewonnen.“,
sagte Guy, als wir zum Schiff zurück gingen. „Wieso, ich habe doch gar nichts gesagt oder getan ?!“, gab
ich erstaunt zurück.“ Doch. Du warst ruhig und überhaupt nicht hektisch. Das ist hier sehr wichtig. Die
Leute leben in einem ganz anderen Rhythmus.“, erklärte mir Guy, „Wenn irgendein typisch deutscher Hektiker
hier ankommt und die Leute mit seinem Gerede vom Auskranen und seiner Wichtigkeit voll blubbert, sehen sie
rot und es läuft Nichts. Mit Ruhe und nicht zuviel Reden bekommst Du alles. Hier ist alles geritzt. Du
wirst es schon machen.“ Ich wusste zwar nicht, dass ich mich passend verhalten hatte, aber wenn Guy meinte
...!
Am nächsten Abend, als Guy abfuhr, hatte er dann auch etwas Wasser in den Augen. Ich glaube, nach so
langer Segelzeit würde mir der Abschied von Beligou auch so schwer fallen. Wir
versprachen auf jeden Fall, gut auf Beligou aufzupassen.
Wir verbrachten danach noch 2 Wochen in Griechenland. Als erstes wurde das Schiff in
schweißtreibende Kleinarbeit aufgeräumt und seit Jahren unnötiger Kleinkram dem
allgemeinen Abfallhaufen der Werft übergeben. Hatte er eine gewisse Höhe
erreicht, verkleinerten ihn die Werftleute mit etwas Benzin und einem
Streichholz. Petra verbrachte einige Zeit damit, alle Ecken und Nischen von den
Resten der letzten Jahre zu befreien, wahrscheinlich war hier nie so richtig
sauber gemacht worden. Wir segelten, badeten und genossen das Leben.
Wir umrundeten Lefkas und erkundeten wunderschöne kleine Buchten mit klarem
sauberem Wasser. Es wurde eine herrliche Zeit auf der Westseite Griechenlands.
Die Früchte der Natur, wie etwa Feigen, Zitronen und Kaktusfeigen lockten uns
jederzeit zu ausgiebigem Essen. Überall standen die Bäume frei und einladend
herum, manchmal bedurfte es allerdings etwas Mühe, um an die Früchte
heranzukommen.
Schließlich sollte Beligou aus dem Wasser kommen. Wie
man ins Wasser kommt, wussten wir ja jetzt schon, aber raus. Der hölzerne
Schlitten war ins Wasser gezogen und aus Balken eine entsprechende
Schlittenbahn geschaffen worden. Kiriakos selbst steuerte Beligou mit
ziemlicher Fahrt auf den Schlitten zu und mit einem leichten Krachen
wurde der Schlitten unter dem Gewicht des Schiffes ins Wasser gedrückt.
Mit starken Leinen an den Winschen wurde Beligou auf dem Schlitten
festgeschnallt, wobei die Steuerbordwinsch aus der Verankerung brach. Die
Stahlbodenplatte war bereits vollständig korrodiert. Danach zog eine
Dieselwinsch dieses ganze merkwürdige Päckchen langsam, aber sicher aus
dem nassen Element und schon stand sie wieder auf dem Trockenen. Ich war
erstaunt, wie einfach, schnell und sicher man mit dieser alten Technik
ein schweres Boot nur mit Muskelkraft und einer Dieselwinsch an Land
bringt. Um Beligou an den endgültigen Standplatz etwas seitlich zu
verschieben, wurde der Schlitten lediglich mit Stangen und Muskelkraft gedrückt. Die Werftleute schienen
sich dabei noch nicht einmal richtig anzustrengen.
Die restlichen Tage verbrachten wir mit Streichen, Abtakeln und Verpacken. Das Boot musste schließlich
einen Aufenthalt von 10 Monaten überstehen, bevor wir es wieder sahen.
Irgendwie tat es uns richtig leid, als wir Beligou nach 3 Wochen verließen, mit der Gewissheit, dass nun
lange Zeit kein Wasser um den Kiel spielen würde.
Der Verkauf unseres alten Schiffes erwies sich auch nicht als besonders schwierig, sodass wir uns den
ganzen Winter über auf die Törnvorbereitung für die nächsten 2 Jahre konzentrieren konnten. Wir waren uns
auf jeden Fall einig, dass wir Beligou erst einmal nach Holland holen wollten, um viel mehr segeln zu
können als nur ein paar Wochen im Jahr und um außen und innen ein Boot nach unseren Wünschen daraus zu
machen.
Der Liegeplatz Nidri in Westgriechenland sollte dabei als Ausgangshafen dienen für die erste Etappe von
Griechenland über Sizilien, Sardinien und Korsika zu Cote‘d Azur. In der Nähe von Marseille sollte Beligou
erst einmal über Winter bleiben, um im darauf folgenden Jahr über die Kanäle von Frankreich und Belgien
nach Holland gefahren zu werden.
Die gesamte Zeit bis zu unserem großen Törn quer durchs Mittelmeer verbrachten wir mit Vorbereitungen. Es
wurden navigatorische Instrumente, wie Sextant und Schlepplog gekauft. Handfunkpeiler und Weltempfänger
hatten wir noch vom alten Boot. Ein Generator mit Ladeeinheit sollte über Motorschwächen hinweghelfen.
Schließlich hatte Beligou einen alten Mercedes Diesel an Bord, der mindestens 5 Minuten geglüht werden
musste. Dreimal anglühen und die Batterien waren fast am Ende. Ich hatte absolut keine Lust, mich in eine
solche Situation bringen zu lassen.
Viele Mittelmeerseekarten waren von Guy noch an Bord und konnten übernommen werden. Alles Fehlende wurde
ergänzt, zusammen mit Hafenhandbüchern, Funknavigationstafeln und Nautischem Jahrbuch. Mit einem Berg an
Ausrüstung sollte die Saison und der Törn beginnen. Wir alle drei wussten nicht, was wir dabei noch alles
vor uns hatten.
Nachdem wir bereits den gesamten Winter geplant und gekauft hatten, fieberte ich schon frühzeitig dem
neuen Saisonanfang entgegen. Schließlich war dies das erste Mal für mich, dass ich mein Schiff für lange
Zeit nicht unter Kontrolle hatte und es dann auch noch in einer Gegend lag, dessen Winterklima für mich
nicht ganz bekannt war. Ich hatte auch schon oft davon gehört, dass sich Aussteiger gern bei anderen
Booten im Winterlager bedienten, um die eigene Ausrüstung billig zu erweitern. Außerdem war uns klar, dass
wir all die eigene Ausrüstung nicht auf einmal nach Griechenland schaffen konnten, selbst wenn Petra und
Janine mit jeweils 20 kg ausgerüstet fliegen würden. Deshalb musste vorher noch ein zusätzlicher Trip her.
Anfang Mai war es dann endlich soweit. Der Mai hielt wie immer viele Feiertage bereit, sodass ich nur
einen Tag Urlaub nehmen musste, um insgesamt 4 Tage unterwegs sein zu können. Schließlich brauchte ich den
Urlaub für den eigentlichen Törn im Sommer.
Auf diesem Trip begleitete mich mein Freund Carlos, von Geburt Kubaner mit einem stets sonnigen,
temperamentvollen und positiven Gemüt. Wir kannten uns nun schon seit einigen Jahren und hatten auch
mehrere Segeltörns am Mittelmeer hinter uns gebracht.
Carlos flog bereits einen Tag vor mir nach Griechenland, um einige Geschäfte zu erledigen. Da er nur einen
Anzug im Handgepäck brauchte, hatten wir zweimal 20 kg und mein Handgepäck mitzunehmen. Nachdem ich die
beiden Koffer auf der Waage bis zum letzten Gramm voll gepackt hatte, war unser Berg an
Ausrüstungsgegenständen in der Wohnung doch merklich geschrumpft.
Eigentlich dachte ich, mit dem Liegeplatz auf Levkas recht günstig zu liegen. Schließlich war der
Flughafen von Preveza in unmittelbarer Nähe und sollte uns die besten Möglichkeiten der Anreise geben.
Dies stellte sich schnell als falsch heraus. „Sie können mit dem Flugzeug nur Athen erreichen und von dort
mit einem Cityhopper nach Preveza fliegen“, lernte ich im Reisebüro. „Allerdings kommt selbst die erste
Maschine immer noch so später in Athen an, wenn der Cityhopper schon weg ist. Sie müssten eine Nacht in
Athen bleiben. Ich hatte allerdings keineswegs vor, von 4 Tagen Urlaub gleich 2 mit der Anreise zu
verbringen. Schließlich wollten wir ja auch einiges an Bord tun. Charterflüge waren nur an Sonntagen
erhältlich und eine Mischung zwischen Linienflug und Charter ist nicht machbar. Gott sei Dank, der
Eigentümer des Reisebüros hatte unendliche Geduld, um nach einer praktikablen und doch preiswerten
Möglichkeit zu suchen. Nach langen Gesprächen entschieden wir uns für einen Flug nach Athen und den
Gebrauch eines Mietwagens. Carlos konnte für seine Geschäfte ohnehin einen gebrauchen und wir wollten dann
das Stück von Athen zum Boot mit dem Auto fahren.
Ziemlich aufgeregt fuhren wir am Donnerstag zum Flughafen. Die erste Aufregung
entstand an der Sicherheitskontrolle. Ich hatte die empfindlichsten Gegenstände im
Handgepäck verstaut, nämlich Weltempfänger und Generator, was bei der
Durchleuchtung natürlich sofort verdächtig erschien. Nach Auspacken und Vorführung
konnte ich jedoch schließlich passieren, obwohl mir immer noch die ungläubigen
Augen der Sicherheitsbeamten folgten, die immer noch nicht verstanden, dass jemand
mit einem Generator nach Griechenland fliegen will.
Wie überall auf der Welt hilft natürlich auch in Griechenland etwas Bakschisch bei
allen Verhandlungen und lockert allgemein die Atmosphäre. Deshalb erwarb ich im
Duty Free Shop in Düsseldorf noch einige kleine Flaschen Whiskey. Ich kannte die
Hausmarke von Kiriakos schließlich gut.
Planmäßig setzte die Maschine in Athen auf und ein Taxi schaukelte mich durch die
staubigen Strassen Athen’s zum Hilton Hotel. Während ich mich mit dem Portier unterhielt,
wurden
alle Sachen vom Taxifahrer ausgeladen und auf einem bereit gestellten Wagen abgelegt. Ich zahlte den
relativ geringen Betrag der Taxirechnung und stellte erst als das Taxi schon außer Sicht war fest, dass
meine Duty Free Tüte nicht ausgeladen worden war. Der Taxifahrer hatte sicherlich einen fröhlichen Abend
mit seinen Freunden, während ich mich über den Verlust ziemlich ärgerte.
Erstaunlicherweise traf ich nun auch Carlos im Hilton Hotel in Athen gegen 16:00 Uhr. Der Mietwagen war
ein sehr langsamer Mitsubishi Colt mit Halbautomatic, aber immerhin mit einem relativ großen Kofferraum.
Unsere Fahrt verlief über die Autobahn entlang nach Korinth, und mit der Fähre dann auf die andere Seite
der Meerenge. Unterwegs kauften wir noch ein wenig ein, um wenigstens für das Frühstück am nächsten Morgen
gerüstet zu sein. Zwischendurch hatte es immer wieder angefangen zu regnen und ziemlich erschöpft saßen
wir gegen zehn Uhr in einem Strassenlokal in Levkas im strömenden Regen. Das Wetter war wie in
Deutschland, nur der Regen war wärmer. Durch die Dunkelheit und den Regen bedingt kamen wir auf den engen
Strassen nicht sehr schnell voran.
Gegen elf hatten wir schließlich die Werft erreicht und wollten eigentlich nur noch schlafen. Dass der
Liegeplatz fünf Stunden mit dem Auto von Athen entfernt war, hatten wir uns zunächst überhaupt nicht
ausgerechnet. Alles sah noch immer so aus, wie wir es verlassen hatten, nur wesentlich mehr Yachten
standen auf dem Werftgelände herum.
Mit der Taschenlampe in der Dunkelheit umherleuchtend, holten wir zunächst eine Leiter und stiegen an Deck
von Beligou. Bis auf etwas Dreck und abgeblätterte Farbe sah das Boot im Schein der Lampe so aus, wie ich
es vor 8 Monaten hinterlassen hatte. Das Schloss war auch noch an seinem Platz und in Ordnung, es hatte
also doch niemand Gefallen an unseren Einrichtungsgegenständen gefunden.
Im Inneren bot sich dann ein für mich ziemlich trauriges Bild. Überall hatte sich Schimmel angesammelt,
auf Polstern, am Holz und allen Türen. Alles roch muffig und alt. Im Schein der Lampe sah alles herunter
gekommen und vergammelt aus. Auf so einen Anblick hatte ich mich nicht vorbereitet. Während der langen
Wintermonate hatten wir oft die Fotos des letzten Sommers angeschaut und dabei waren auch Aufnahmen der
Inneneinrichtung.
„Lass uns erst einmal ausschlafen. Morgen sieht alles anders aus.“ Ich hoffte, dass Carlos mit seiner
Ansicht Recht hatte. Wir suchten in den Kisten noch einigermaßen gute Decken und Kissen und legten uns
aufs Ohr. In dieser Nacht wurde ich oft wach und schaute in der dunklen muffigen Kajüte umher und war
ziemlich frustriert. Offensichtlich war doch viel mehr Arbeit nötig, als erwartet.
War alles überhaupt noch funktionsfähig?
Am nächsten Morgen bei grauem, aber warmen Wetter wurde erstmal gefrühstückt. Orangensaft und Kekse, die
wir am Vortag gekauft hatten.
Carlos hatte Recht. Bei Tageslicht sah alles gar nicht so schlimm aus. Der Schimmel, der fast überall saß,
war locker und hinterliess auch keine Flecken beim Abreiben. Das Holz war bereits wieder trocken und auch
im Inneren des Schiffes war nur wenig Feuchte. Man konnte alles einfach trocken abwischen und ausklopfen.
Es war hinterher kaum etwas zu sehen. Einige Fenster hatten etwas geleckt, aber auch nur tropfenweise. Die
Bilge war leer und trocken wie ausgewischt.
Wie wir später erfuhren, war dies einer der feuchtesten Winter seit langem gewesen. Ein älteres Ehepaar
war zur gleichen Zeit zur Werft gekommen, um ihr Boot für den Sommer fertig zu machen. Sie musste für die
ersten paar Tage in ein Hotel ziehen, als sie nach dem Winter wieder auf ihr Boot wollten. Verstopfte
Cockpitlenzer hatte einen halben Meter Wasser im Inneren des Bootes anstauen lassen. Dagegen sah Beligou
doch geradezu super aus!
Wir machten uns an unsere Arbeit. Der Generator mit dem Ladegerät wurde zunächst eingebaut. Ein
Auspuffschlauch für den Generator wurde gekauft und so verlegt, dass die Auspuffgase direkt nach draußen
gelangten. Dann konnten die Batterien für die nächste Nacht aufgeladen werden. Mit dem Mietwagen bunkerten
wir schon Diesel, Wasser und Bier für den Sommer. Lebensmittel, die fest verschlossen waren, wurde an Bord
geschafft, notiert und verstaut. Der Dieselmotor bekam einen Ölwechsel und eine Reinigung des Filters. Das
Unterwasserschiff wurde entrostet und frisch mit Antifouling gerollt. Grosse und kleine Teile wurde wieder
angebaut und schließlich auch das Innenschiff vollständig gereinigt. Selbst den Kühlschrank konnten wir
wieder in Gang setzen, nachdem neues Gas angeschlossen war. In den zwei Tagen waren wir wie die Wühlmäuse
im und am Schiff beschäftigt gewesen.
Alles in allem war trotz aller Aktivitäten immer noch genug Zeit, in Nidri auch einmal ein Bier zu trinken
oder faul herum zu sitzen und sich über den Fortgang der Arbeit zu freuen. Am letzten Abend verschlug es
uns sogar in die Disco mit nur sehr wenigen Touristen, aber umso mehr einheimischen Gästen.
Das Wetter erwies sich auch als gnädig, regnete es doch ausschließlich in den Abendstunden. Zwischendurch
trocknete das Unterwasserschiff einigermaßen aus, sodass wir den neuen Antifouling Anstrich aufbringen
konnten.
So hatten wir in 2 Tagen an Bord doch alles wieder auf Vordermann gebracht, alles nötige eingebaut und
insgesamt etwa 60 kg an Ausrüstung an Bord geschafft und verstaut. Besonders die schweren Bücher,
Seekarten und elektronischen Gegenstände konnten den Schiffkörper füllen und zur Freude von Petra die
Wohnung entlasten. Mit der üblichen Reiseausrüstung und Kleidung hatten wir ohnehin genug Gepäck.
Schließlich wiegen Bettwäsche, Handtücher und Kleidung für drei Leute nicht gerade wenig.
Als wir am Sonntagmorgen Beligou wieder verließen, war ich sehr froh, diese Tage an Bord verbracht zu
haben. Der Optimismus von Carlos hatte mich immer wieder angetrieben und all diese Arbeiten mussten nun
auch nicht mehr erledigt werden, wenn ich mit Petra nach Griechenland fahre. Auch für die Leute im Hafen
war unsere Präsenz ganz hilfreich. Man brachte so in Erinnerung, dass das Boot Anfang Juli ins Wasser
sollte und auch bis dahin Reparaturen, wie Ankerwinsch und Holzteile, zu machen sein würden.
Erwartungsgemäß war unser Transitlog bei unserer Abreise im letzten Sommer natürlich nicht beim Zoll
abgegeben worden. Damit war das Boot jetzt illegal in Griechenland, da man nur maximal ein halben Jahr im
Land sein kann, wenn man nicht offiziell mitteilt, dass man für ein halbes Jahr bei einer Werft auf dem
Trockenen liegen wird. Damit versuchen verschiedene Mittelmeerländer, dem illegalen Chartergeschäft einen
Riegel vorzuschieben. Wir mussten also entweder neu einklarieren oder heimlich aus Griechenland ausreisen,
in der Hoffnung, nicht von einem Patrouillenboot angehalten zu werden. Wir entschieden uns dann doch für
die zweite Lösung.
Das Gepäck ist bis auf das letzte Kilogramm ausgewogen. Da Janine nun schon über zwei Jahre alt ist, wenn
auch erst seit zwei Wochen, müssen wir für sie ein volles Flugticket bezahlen. Damit verbunden ist aber
auch der Vorteil von 20 kg Gepäck für ihre Person. Mit 60 kg in den Koffern und noch etwas Handgepäck
checken wir am Flughafen von Düsseldorf am Sonntagmorgen ein.
Jetzt endlich soll die Reise losgehen, der wir nun schon fast ein Jahr lang entgegen fiebern. Wir sind
alle ziemlich aufgeregt, wissen wir doch gar nicht, wie die nächsten Wochen aussehen werden.
Die Maschine hebt auch pünktlich um sieben Uhr morgens ab und landet auch noch planmäßig gegen 11 Uhr in
Prevesa. Wenn der Rest der Reise so weiter gehen wird, ist alles klar. Der kleine Flughafen von Prevesa
ist auf einmal mit den Passagieren aus unserem Flugzeug angefüllt und die Gepäckabfertigung lässt in der
Hitze lange auf sich warten. Wir nehmen ein Taxi nach Nidri und rauschen dem Schiff entgegen. Es wird eine
schöne Fahrt in der Mittagshitze und der Fahrtwind bringt angenehme Kühlung.
Zur Mittagszeit haben wir dann auch tatsächlich Beligou erreicht und können an Bord gehen. Alles ist noch
immer so, wie Carlos und ich es verlassen hatten. Kein neuer Schimmel, keine Interessenten für die
Ausrüstung und keine sonstigen Überraschungen.
Wir reißen als erstes alle Fenster auf, um ein wenig Luft in die Hitze des Inneren zu bekommen und holen
unsere Koffer und Taschen an Deck.
In der Werft treffen wir erst am Nachmittag auf Kiriakos, der ohne lange Umschweife auch sofort mit dem
Wassertermin für den nächsten Tag einverstanden ist. Im Moment haben sie sowieso nicht gerade viel zu tun.
Die noch fehlenden Bretter für das Cockpit seien auch teilweise schon fertig und der Rest kommt in den
nächsten Tagen. Die Ankerwinsch sei auch repariert und auch die Stahlplatten für die Winschen sollen aus
Edelstahl gefertigt bereit liegen.
Den ganzen Nachmittag sind wir bereits mit dem Schiff beschäftigt. Petra räumt innen auf und ein und
reinigt alles. Ich bin hauptsächlich außen damit beschäftigt, das Boot langsam segelklar zu kriegen und
das Dingi einzurichten. Damit können wir am Abend dann endlich in die Stadt fahren und uns das
wohlverdiente Abendessen und ein kaltes Bier schmecken lassen. Der obligatorische Maiskolben vom Grill für
Janine darf natürlich auch nicht fehlen. Hier in Nidri zeigen sich noch relativ wenig Touristen. In diesem
Jahr werden es auch nur wenige bleiben, da die Golfkrise viele Leute von einem Urlaub in Griechenland oder
der Türkei abhält.
Lautes Hämmern und rumpelnde Geräusche am Boot reißen uns am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Wir werden
tatsächlich darauf vorbereitet, ins Wasser gelassen zu werden. Zuerst muss allerdings ein kleines
Segelboot noch etwas zur Seite geschoben. Wieder einmal sehen wir fasziniert zu, wie man nur mit
Muskelkraft Schiffe heben, senken und verschieben kann. Gegen Nachmittag rutscht Beligou schließlich auf
dem Schlitten den Strand hinunter und mit einer großen Heckwelle, die das ganze Achterschiff überspült,
landen wir im Wasser. Mit Hilfe einer Landleine sind wir sicher verbunden, zumal der Motor mangels
Batteriestrom noch nicht einsatzbereit ist. Etwas ab vom Ufer fällt dann noch der Anker und wir liegen
wieder im gewohnten Element. Ich habe das Gefühl, Beligou freut sich, dass wieder Wellen sanft den Bug
umspielen.
Um alles weitere einfacher machen zu können und den Weg zum Ufer zur Verkürzen, wollen wir uns noch mit
einer Leine längsseits an ein anderes, in Ufernähe ankerndes Schiff verholen. Der erste Familienkrach in
diesem Urlaub beginnt. Der ablandige Tageswind hat eingesetzt und wir ziehen Beligou mühsam
zentimeterweise heran. Während ich auf dem anderen Schiff stehe und ziehe, soll Petra auf
Beligou
noch eine weitere Achterleine dicht holen und belegen. Irgendwie geben ich meine
Anweisungen wohl noch nicht professionell genug und Petra ist auch noch nicht so
recht mit den Reaktionen der Schiffe vertraut, sodass es etwas länger dauert bis wir
längsseits liegen und die Stimmen bei den Handlungen immer lauter werden.
Schließlich sitzen wir beide mit langen Gesichtern an Deck und trinken ein Bier.
Nach einigen weiteren Vorwürfen ist der Streit jedoch im Rahmen der allgemeinen
Arbeit schnell vergessen.
Janine ist mit der Situation sehr zufrieden. Schließlich kann sie an Bord alles
Mögliche machen. Am liebsten isst sie griechischen Joghurt auf dem Achterdeck,
wobei meist die Hälfte auf Deck landet. Aber macht ja nichts. Ein bisschen Wasser
und schon sind Kind und Boot sauber.
Für den Motor wird eine neue Batterie gekauft, sodass eine Batterie für den Motor,
eine für allgemeines Licht und eine für die Ankerwinsch da ist. Die Ankerwinsch ist
tatsächlich repariert und läuft, mit den Brettern und Stahlblechen ist es jedoch
schlecht bestellt. Die Stahlbleche sind eckig statt rund und passen nur unzureichend.
Es
müssen neue gemacht werden. Alles wird hier mit griechischer Gelassenheit gesehen,
obwohl sich Kiriakos redlich bemüht, alles zu unserer Zufriedenheit zu Ende zu bringen.
Ich erzähle Kiriakos nichts von unseren Plänen, nächstes Jahr nicht mehr in Griechenland zu liegen. Im
Gegenteil sage ich ihm, am Ende der vier Wochen wieder hier zu sein. Die dadurch erzeugte positive
Stimmung sorgt immerhin dafür, dass er die Stahlplatten abwandelt, bohrt und ich mit einigen gekauften
Edelstahlschrauben die Winschen wieder anbringen kann. Es sieht nicht sehr schön aus, aber arbeitet
wenigstens. Wir können die Segel bedienen und das ist Schließlich die Hauptsache. Die Holzplatten für die
Sitzbänke im Cockpit werden auch fertig und lediglich die Bodenbretter fehlen noch. Wir verzichten darauf,
obwohl sie wahrscheinlich jetzt endlich fertig sein könnten.
Unter tatkräftiger Mithilfe des Elektrikers, der mir die Batterie verkauft hat, bekommen wir auch den
Diesel in Gang. Mit Entlüften, Öl in den Ansaugstutzen gießen und Starthilfespray erwacht der Motor
Schließlich zum gewohntem Geräusch.
Eigentlich wollten wir am Mittwoch bereits auf dem Weg nach Italien sein, aber wir beschließen, die
Abreise doch erst am Donnerstag anzugehen. Das Boot ist mit Lebensmitteln, Wasser, Obst und sonstigem gut
ausgerüstet und auch der Dieselvorrat von etwa 350 Litern reicht aus.
Lecker, aber man muss schon ganz ordentlich auch die
fliegenden Stachel aufpassen.