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Impressum und Copyright
Korsika
Wir kreuzen die Fährrouten zwischen dem Festland und der großen und bedeutenden Insel La Madallena. In
einem Gewühl von Schiffen finden wir unseren Weg weiter nach Nordwest. Ein reger Verkehr verbindet die
Stadt La Madellena mit Sardinien und neben Fähren und kleineren Transportschiffen ziehen auch
Kriegsschiffe hier ihren Weg durchs schmutzig blaue Wasser.
Als wir die Straße von Bonifacio erreichen, steht uns eine unangenehme Welle aus NW entgegen. Der
gestrige Mistral scheint doch einiges auf dem Meer aufgebaut zu haben.
Nach kurzer Fahrt laufen wir die lange und schmale Bucht von Porto Pozzo an. Das Handbuch warnt vor
Untiefen und rät, sich in der Mitte des fjordähnlichen Einschnittes zu halten. Kaum haben wir das
spiegelglatte Wasser des Fjords erreicht, schicke ich Petra und Petra nach vorn, um über die Wassertiefe
und eventuell erkennbare Untiefen Auskunft zu geben.
Außer einem großen Feriendorf am Eingang der Bucht ist nur die übliche Waldbewachsung Sardiniens an den
Ufern zu erkennen. Der Fjord ist hervorragend geeignet für den Sprung nach Korsika, bietet er durch seine
abknickende Form doch guten Schutz nach allen Seiten und eignet sich hervorragend zum Abwettern und
Warten. Das klare grünliche Wasser mit dem kleinen Dorf am Ufer und dem Sandstrand lädt zum Bleiben ein.
Beide Petras bereiten am Abend einen riesigen Topf Ratatouille frisch aus dem in Porto Cervo und Olbia
gekauften Gemüse. Die Menge soll auch noch für morgen Mittag reichen, wenn wir nach Korsika übersetzen
und den ganzen Tag mit Segeln verbringen. Wir sitzen noch lange an Deck, trinken Wein und reden über
alles Mögliche, am liebsten ziehen wir natürlich über Leute her, die sich jetzt mangels Anwesenheit nicht
wehren können.
Der Wetterbericht sagt für morgen Westwinde um 4-5 voraus, später abnehmend. Eine solche Wetterlage wäre
natürlich ideal, würden wir bei halbem Wind doch fast hinüber gepustet.
Wir winden uns wieder aus dem langen, schmalen Fjord von Porto
Pozzo heraus. Der Himmel ist leicht eingetrübt und die Sonne
will nur unwillig wärmen. Im Gegensatz zum Wetterbericht liegt
die Windrichtung immer noch bei Nordwest, wenn auch nur um
Stärke 3 und das trübe Wetter lässt die Stimmung nach einem
schönen Segeltag nicht so recht aufkommen.
Wir setzen alle Segel und kreuzen unter rauschender Bugwelle in
langen Schlägen durch die Straße von Bonifacio. Gegen Mittag
passieren wir die Untiefen und Inselchen in der „Straßenmitte“,
die überall warnend aus dem Wasser ragen und mit weißem
Schaumfinger zur Vorsicht mahnen. Bei Cap Pertusato an der
Südwestspitze von Korsika dreht der Wind unschlüssig immer
wieder hin und her und nimmt mal an Stärke zu, mal wieder ab.
Wahrscheinlich ist die Abdeckung durch das Cap oder die hohe
weiße imposante Steil-Küste Korsikas Schuld an diesem nervigen
Spiel des Windes. Wie kreuzen fast auf der Stelle, während der enge Einschnitt zum Hafen von Bonifacio
bereits gut zu sehen ist. Nur etwa 2 Seemeilen bis in den Hafen und trotzdem kommen wir einfach nicht
besonders näher. Wir schalten den Motor zu.
Wie eine trutzige Festung stehen die schlanken Häuser von Bonifacio auf dem weißen Steilfelsen der Küste.
Bis auf den letzten Zentimeter sind sie an die Kante zum Abgrund herangebaut und jeden Moment rechnet man
damit, dass ein Teil davon herunter brechen könnte. Es ist wirklich keine Handbreit Platz zwischen den
Häusern und der senkrecht abfallenden Küste. Hinter dieser Felsnase verbirgt sich der Hafen der Stadt,
eingekeilt von den Steilwänden. Kein Wunder, dass der sehr gut geschützte, natürliche Hafen von Bonifacio
schon seit ewigen Zeiten als Stützpunkt und Schutzhafen für Segler aller Nationen dient. Hier bietet sich
Schutz vor allen Windrichtungen und durch die gebogene, natürliche Einfahrt bleibt der Hafen auch von
hohem Seegang verschont.
Vor den Felsen fahren Ausflugsschiffe mit Touristen hin und her, zeigen das Panorama der Stadt von See
aus und verschwinden hier und da in den Grotten der weißen Wand, um nach ein paar Minuten wieder zu
erscheinen.
Wie ein gähnender Riese begrüßt uns die Hafeneinfahrt mit der riesigen Grotte unmittelbar rechts neben
dem Leuchtfeuer. Die Ausflugsschiffe nehmen sich winzig aus gegen das riesige, dunkle Maul dieser Grotte.
Wir laufen durch die Einfahrt den Berg hinunter in den engen, gut geschützten und von Touristen
starrenden Hafen von Bonifacio ein. Bergrunter ? Das kann eigentlich nicht sein. Irgendwie haben wir
dennoch alle das komische Gefühl, das Wasser hier würde bergab fließen und wir laufen mit ihm. Die
steilen Felsen links und rechts neben der Einfahrt mit den waagerechten, leicht nach unten laufenden,
tiefen Rillen, eingefressen durch jahrhundertelange Erosion, suggerieren eine Einfahrt nach unten,
entgegen jeglicher Naturgesetze.
Nach kurzem Manöver liegen wir sicher mit dem Heck zum Steg. Die Hafenmanöver laufen inzwischen auch ganz
ausgezeichnet ab. Ich habe mich langsam mit der Schwerfälligkeit und Manövriereigenschaften von Beligou
vertraut gemacht und weiß um die Dreh- und Stopp Eigenschaften. Ohne Drücken und Anecken gleiten wir
ruhig rückwärts in die angestrebte Box und jeder weiß, was zu tun ist.
Als erstes wollen wir Geld tauschen und einklarieren. Schließlich sind wir jetzt in unserem dritten Land
auf dieser Reise angekommen, vive la France.
Der Geldumtausch bereitet keine Probleme. Wie in den Touristenorten so üblich, findet sich fast an jeder
Ecke eine „Change“-Bude.
Zum Einklarieren gehen wir in das Büro des Hafenmeisters, zum Bezahlen für eine Nacht haben wir auch
gleich alles mitgenommen. Die Liegegebühr mit fast 60 Mark ist nicht gerade ohne, aber dafür gibt es hier
ausgezeichnete Stege mit Strom und Wasser.
Mit dem Einklarieren ist es allerdings so eine Sache. Der Hafenmeister versteht natürlich nicht, was ich
will. Mein Französisch reicht nicht und etwas anderes als seine Muttersprache wendet der freundliche
Mensch auch nicht an. Ich weiß nicht, ob er mich vielleicht doch versteht und nur nicht will, so wie man
es von den Franzosen gewohnt ist. Ein freundlicher Franzose hilft weiter. Er kann Englisch und so erkläre
ich ihm mein Anliegen, das er dem Hafenmeister übersetzt. Zu meinem Erstaunen hat keiner Interesse daran,
sich unserer Sache anzunehmen. Die Antwort ist einfach.
„Wir haben hier keine Einklarierung. Wir sind hier in Korsika. Klarieren Sie im Endhafen ein, in dem Sie
bleiben wollen. An der Cote d’Azur haben Sie genügend Gelegenheit.“
Ich glaube, wir hätten ihn mit einer Einklarierung nur Arbeit gemacht, die er im Moment nicht zu tun
gedenkt. Egal, so habe ich auch keine Mühen damit.
Bonifacio selbst ist ein lang gezogener wunderschöner Hafen, eingerahmt von Mengen von Hafenlokalen, die
sich am Ufer vor den steilen Felsen entlang reihen. Zu beiden Seiten wird der Hafen von steil aufragenden
Felsen geschützt, was ihn zu einem hervorragenden Schutzort gegen alle möglichen Wind- und
Wellenrichtungen macht.
Majestätisch thront über allem die riesige Zitadelle, die in alten Zeiten die Stadt und Korsika vor
Eindringlingen schützte. In steilem Fußmarsch erklimmen wir die Felsenfestung und schauen auf die
Meerenge nach Sardinien hinüber, wo wir eben noch gesegelt sind. Aus dieser Höhe schimmert das Wasser
blaugrün und klar über dem kalkweißen Grund des Meeres. Es ist ein fantastischer Anblick im Licht der
untergehenden Sonne, die die sonst weißen Felsen von orange bis fast rot verfärbt.
Am nächsten Morgen bunkern wir neue Nahrungsmittel, Obst und Getränke. Wir haben beschlossen, auf
schnellstem Weg bis nach Ajaccio zu fahren, da der Wetterbericht im Moment Gutes vorhersagt und die
Mistrallage durchaus schnell wiederkehren kann. Übermorgen sollen wir schließlich Carlos und Natalie in
Ajaccio treffen. Außerdem bedeutet es mehr Erholung, einen langen Schlag zu machen und den ganzen Tag zu
Segeln, um dann einen ganzen Tag auszuruhen, zu schwimmen und zu faulenzen. Immer nur
kurze
Stücke zerreißen die Tage in dieser wunderschönen Umgebung zu sehr.
Gegen zehn Uhr schiebt uns der Motor wieder aus der Felseneinfahrt von Bonifacio
heraus. Ein Westwind mit Stärke 4 weht uns entgegen, wie könnte es auch anders
sein. Unter Groß, Genua und Motor laufen wir zunächst volle Höhe bis zur
Landspitze bei Bonifacio bei unangenehmer kurzer Welle. Der Seegang wird in
die Bucht von Bonifacio gedrückt wie in einem Trichter und baut sich
unangenehm auf. Wie immer müssen wir gegen an. Ab der Landspitze von Bonifacio
können wir dann nach Nord abdrehen und laufen auf einem guten am-Wind-Kurs die
Westküste Korsikas entlang. Wir setzen alle Segel und rauschen unter Vollzeug
nach Norden. Wir sind zwar wie immer auch am-Wind-Kurs, aber es lässt sich
segeln. Das Wetter hat sich etwas gebessert und der größte Teil der Mannschaft
liegt faul an Deck in der Sonne. Janine hat wie immer ihr geliebtes
Schwimmbecken im Cockpit bekommen und planscht vor sich hin.
Wir runden die Untiefe Les Moins in respektablem Abstand gegen Mittag. Ein weithin
sichtbares Leuchtfeuer etwa 2 Seemeilen vor der Küste weist die Gefahr gut aus. In dem riesigen Abstand
zwischen dem Turm und dem Festland sind immer wieder kleine Inselchen, brechende Schaumkronen und
herausragende Felsen zu erkennen. Will man zwischen Festland und Leuchtfeuer passieren, tut gute
Kartenarbeit Not, denn zwischen Festland und dem Leuchtfeuer muss man schon wissen, wo befahrbare Rinnen
zu finden sind. Ansonsten besteht beste Chance für Auflaufen. Wir ziehen deshalb lieber den Weg außen
herum vor.
Gegen halb sechs runden wir Capo Muro, die Südspitze der Bucht von Ajaccio. Wie so oft sind auch hier
Unmengen von Fischernetzen mit den entsprechenden Tonnen ausgebracht. Gerade die Strömungen um die Kaps
werden bevorzugt und die Fischer bauen natürlich gerade hier die ungeliebten Hindernisse auf.
Nach etwa sieben Stunden guter Fahrt laufen wir in die Bucht von Tour de la Castagne an der Südseite der
Bucht von Ajaccio ein. Auch bei dieser Ansteuerung sollte der Blick ins Handbuch nicht fehlen. Die Bucht
ist gesäumt von Felsen und Vorsprüngen und die einzige Öffnung der Fahrrinne liegt in Richtung Norden. Im
hinteren Teil der Bucht wird das Wasser ebenfalls von Felsen unter Wasser gesäumt. Zusammen mit anderen
Ankerliegern fällt unser Anker in etwa zehn Meter Tiefe in den sandigen Grund des klaren und fischreichen
Wassers.
Ajaccio ist nur noch gute 8 Seemeilen entfernt und man kann die riesige Stadt bereits am anderen Ufer der
Bucht gut erkennen.
„Wir haben für morgen früh Nichts zu Essen. Wir sind doch schließlich hier in Frankreich und ich will
mein frisches Baguette. Also, sieh’ zu, wo Du es her kriegst.“, gibt Petra zu Bedenken.
„Ich werde mit Manfred mal rüber zu dem Sandstrand fahren. Da ist eine Straße und irgendwo werden schon
Geschäfte sein.“ Mit dem Dingi brausen wir über das flache, blaue Wasser der Bucht und machen an einem
wunderschönen, feinsandigen, weißen Strand Halt. Schnell ist das Dingi den Strand hinauf gezogen, an dem
nur sehr wenige Leute, meist Einheimische, in der Sonne liegen.
„Lass uns ‚mal die Straße entlang laufen. Irgendwo muss doch ein Geschäft oder etwas ähnliches sein.“,
sage ich zu Manfred und wir machen uns auf dem Weg. Doch nach welcher Seite der Straße wir auch schauen,
kein Geschäft ist zu sehen. Nur die Pinien und einige Ferienhäuser säumen den Weg. Nach unserem Fußmarsch
auf der Straße kehren wir unverrichteter Dinge wieder um.
Nach unserer Rückkehr zum Schiff fällt die Antwort einfach aus: „Hier gibt es Nichts. Wir müssen morgen
früh etwas improvisieren. Wir haben doch bestimmt noch Kekse und Marmelade oder so ähnlich. Vielleicht
auch noch Eier.“
„Irgendwas werden wir schon hinkriegen“, stimmt Petra zu.
Alle finden sich nach diesem schönen Segeltag zum Abendessen schnell im Salon ein. „Das Essen will heute
aber auch nicht warm werden.“, lautet meine Antwort nach dem Maulen aus der Runde, wann es denn nun
endlich etwas zu Essen gibt.
„Kein Wunder, die Gasflasche ist leer. Wir haben also Nichts zum Frühstück und auch kein Gas. Kein Gas,
kein Kühlschrank. Kaltes Bier fällt also auch erst einmal aus.“
Meine Bedenken stimmen alle erst einmal nachdenklich. Am meisten schmerzt natürlich der Verlust des
kühlen Bieres am nächsten, heißen Tag.
Ein kleiner Ersatzbrenner vom Camping ist, Gott sei Dank, noch an Bord. Immerhin können wir noch Kochen
und Kaffee machen. Damit dauert es natürlich länger, aber immerhin funktioniert es. Wir improvisieren ein
tolles Frühstück. Vom Hunger getrieben werden alle Schapps untersucht und die besten Sachen, schon fast
vergessen, treten zu Tage. Wir haben Frühstücksfleisch, Käse, Marmelade, Kekse, Wurst und Kaffee. Was
wollen wir mehr. Auch das Mittagessen fällt ähnlich improvisiert aus. Aus Gemüse und Wurst wird ein
schmackhafter Eintopf gekocht.
Bis zum Nachmittag noch bleiben wir in der Bucht vor Anker und schwimmen, schnorcheln, faulenzen und
sonnen uns. Mit dem Dingi fahren wir zu dem nahen Sandstrand, wo besonders Janine ihre helle Freude hat.
Zum ersten Mal probiert sie es aus zu schnorcheln. Immer wieder schaut sie mit der Maske ins Wasser und
entdeckt kleine Krebse, Schnecken und anderes Getier. Alles wird entsprechend bestaunt, untersucht und
herumgezeigt.
Erst gegen Nachmittag nehmen wir den Anker auf und Segeln nach Ajaccio. Der Wind kommt achterlich und wir
können den Anker aus dem Grund holen, ohne die Maschinen zu starten. Die Genua wird sofort ausgerollt und
langsam ziehen wir aus der Bucht. Unter Vollzeug und achterlichem Wind, endlich einmal Wind aus der
richtigen Richtung, laufen wir nach nicht einmal zwei Stunden in Ajaccio ein.
Am Molenkopf werden wir auf Französisch angesprochen und ein Liegeplatz wird uns zugewiesen. Als wir nach
einigem Hin und Her endlich zu verstehen gegeben haben, dass wir kein Französisch verstehen, bekommen wir
die Anweisungen halt mit Händen und Füssen.
Inmitten von Mengen anderer Boote liegen wir am komfortablen Steg mit Strom und Wasseranschluss. Eine
Marina mit allen Versorgungsmöglichkeiten, wie Diesel, Gas und Ersatzteile, allerdings auch nicht ganz
billig.
Da unsere Bordküche sich ziemlich geplündert zeigt, entschließen wir uns erst einmal zu einem Landgang
mit Essen. Von einem Lokal zum anderen und einer Pizzeria zur anderen laufen wir in der Hoffnung auf eine
etwas preiswertere Lösung, aber hier in diesem Touristenort scheint alles nur überteuert zu sein.
Schließlich lassen wir uns in einer Pizzeria nieder, die uns billig genug erscheint. Wir sind etwas
außerhalb des Touristenzentrums und glauben, dass dies die Preise etwas erniedrigt. Weit gefehlt.
Die Pizza erscheint und wir können unseren Augen kaum glauben. Vor uns liegt die dünnste Pizza, die wir
je gesehen haben. Die Dicke des Bodenteiges reicht gerade einmal an die Dicke eines Crêpes heran. Der
Belag ist dann auch nicht viel mächtiger und mehr hungrig, als gesättigt verlassen wir das Lokal wieder.
Wie gut, dass wir noch ein Fastfood Geschäft gesehen haben. Der letzte Rest von Hunger wird bei Hamburger
und Pommes beseitigt. Welch ein Festmahl in Frankreich. Damit ist eindeutig klar, dass alle weiteren
Essen mit Bordmitteln gemacht werden. “Ob Carlos morgen auch tatsächlich planmäßig ankommen wird und
unser Boot auch findet.“, gibt Petra zu bedenken.
„Ich weiß nicht, wo die Fähre anlegt, aber er wird Beligou schon ausfindig machen. Schließlich kennt er
das Schiff ja aus Griechenland.“ Mit Carlos habe ich da keine Bedenken. Ich hoffe nur, er kommt nicht zu
früh und lässt uns wenigstens ausschlafen. Um das Frühstück brauchen wir uns auch keine Gedanken machen.
Wir haben mit Carlos vereinbart, dass er alles mit an Bord bringt.
Gegen sechs Uhr morgens ist dann auch ein Rumpeln am Boot zu hören, dann wird alles wieder ruhig. Erst
gegen acht kommen Carlos und Natalie wieder, nachdem sie alles für das Frühstück gekauft haben und
glauben, uns wecken zu können. Somit ist unsere nächste Crew planmäßig an Bord gekommen.
Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass auf einem solch langen Törn alles planmäßig so verläuft, wie es
ursprünglich besprochen worden war. Petra und Manfred werden am besprochenen Tag in Olbia übernommen und
auch Carlos und Natalie sind zum vereinbarten Zeitpunkt am Treffpunkt in Ajaccio. Noch viel erstaunlicher
für mich ist allerdings der Umstand, dass wir mit Beligou auch noch zu den vereinbarten und geplanten
Zeiten an den Treffpunkten ankommen, und das mit Koppelrechnung und Sextantnavigation.
Manfred und Petra gehen bereits in zwei Tagen von Bord. Wir haben alle Möglichkeiten abgecheckt, aber
Ajaccio bietet weit und breit die besten Möglichkeiten, wieder zum italienischen Festland zu kommen, wo
Ihr Auto steht. Wir haben daher beschlossen, uns bis zu Ihrer Abreise ein wenig in der Bucht von Ajaccio
zu tummeln und dann von hier aus den direkten Sprung zur Cote d’Azur mit Carlos und Natalie zu machen.
Nach der Begrüßung und dem morgendlichen Schampus, den Carlos mitgebracht hat, geht es erst einmal ans
Einkaufen und Bunkern. Carlos und ich sorgen für Diesel und Gas. Leider bekommen wir unsere alte
Gasflasche, die aus Griechenland stammt, hier nicht los. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis
wir mit Beligou das nächste Mal wieder in Griechenland sein werden, also lassen wir die alte Flasche
einfach beim Händler stehen. Dafür müssen wir für die neue allerdings auch fast hundert Mark Pfand
zahlen, zuzüglich eines neuen Druckreduzierventils. Für Fahrtensegler ist die Versorgung mit Gas nach wie
vor ein Problem, da jedes Land eigene Gasflaschen und Anschlüsse hat, zumindest bei den großen Flaschen.
Wir werden unseren Kocher deshalb auch bald auf Diesel umstellen und nur noch den Kühlschrank auf Gas
oder Strom laufen lassen. Auf jeden Fall können wir wieder Kochen und der Kühlschrank liefert auch wieder
kaltes Bier.
Auf dem Markt versorgen wir uns mit Früchten und Gemüse. Ausreichend Getränke kommen an Bord und am Abend
wollen wir Fisch grillen. In der Fischhalle erstehen wir 12 Doraden, für deren Zubereitung Carlos
verantwortlich ist. Trotz der Nähe zum Meer ist Fisch und Meeresgetier erstaunlich teuer.
Erst gegen Nachmittag laufen wir aus und kreuzen ein wenig bei leichten westlichen Winden in der Bucht
von Ajaccio. So können sich Carlos und Natalie direkt an Beligou und den schwankenden Untergrund
gewöhnen. Wie jedes Mal, wenn der Wind aus der richtigen Richtung kommt, schläft er diesmal vollständig
ein. Irgendwie haben wir mit dem Wind keinen echten Verbündeten in diesen Gewässern gefunden, allerdings
hat er uns bis jetzt auch noch mit Starkwind und Sturm in Ruhe gelassen.
Wir
beschließen, in die Bucht des letzten Abends bei Tour de la
Castagne zu gehen. Vorher lockt allerdings noch das warme Meer zu
einem Bad. Der Wind ist fast vollständig eingeschlafen und in der
Nachmittagshitze ziehen wir nur noch sehr langsam unter Groß und
Genua dahin. Wir bringen einen langen Festmacher mit einigen
angeknoteten Fendern aus und ruckzuck sind Carlos und beide Petras
im Wasser und lassen sich ganz langsam vom Schiff ziehen. Da der
Wind immer mehr einschläft, starten wir noch den Motor und helfen
den Schwimmern ein wenig beim Wasserski.
„Nicht so schnell, ich verliere meine Badehose“, schreit Carlos
von achtern. Na gut, wir schleichen wieder weiter. Nach einer
guten Stunde Baden kommen alle wieder aus dem Wasser und der
Anker fällt in der bekannten Bucht.
Mit dem Dingi müssen wir zweimal fahren, um alle Personen
einschließlich der Ausrüstung an den Sandstrand zwischen die
Felsen zu fahren.
Der Grill läuft schnell und nach einer Vorspeise aus mexikanischen Tortillas und scharfer Soße, die
Carlos und Natalie mitgebracht haben, lassen wir uns die Fische am Strand im Licht der untergehenden
Sonne schmecken. Noch lange sitzen wir dort bis weit in die dunkle, warme Nacht hinein und erzählen und
lachen und trinken Bier und Wein. Am Abend auf dem Schiff wird noch die Boom Box, die Carlos mitgebracht
hat, angeschmissen und bei schöner Musik lauschen wir den Klängen des Meeres unter dem sternenumspannten
Himmel. Von Zeit zu Zeit lässt sich eine Sternschnuppe blicken und im Klang
der
leisen Musik und im sanften Schaukeln des Schiffes ergibt sich daraus eine
eigenartige, romantische Stimmung.
Am nächsten Morgen ist ein fauler Tag angesagt. Schließlich haben wir
Nichts weiter zu tun, als die Bucht zu kreuzen und am Abend wieder in
Ajaccio anzulegen. Wir wollen erst gegen Nachmittag wieder auslaufen und
verbringen den ganzen Vormittag mit schwimmen, schnorcheln und faulenzen
am Strand.
Janine findet großes Gefallen an den viel zu großen Tauchermasken. Man
muss doch auch einmal probieren, was die Erwachsenen mit den komischen
Brillen da so treiben. Janine hat einen Heidenspaß daran, endlich einmal
zu sehen, welche Tierchen einem da so über die Füße krabbeln, während man
so im Wasser steht. Bisher hatte sie die Krebschen und Schnecken immer nur mit der Hand
aus dem Wasser gefischt und natürlich jedes Tier zu Begutachtung herbei gebracht.
Im Laufe des Vormittags hat der Wind immer weiter zugenommen und wieder auf Nordwest gedreht. Die ersten
Wolken ziehen auch langsam über den Himmel und es scheint sich wieder eine Mistral Wetterlage zusammen zu
brauen, obwohl der Wetterbericht erst für den nächsten Tag von NW 7-8 im Golf du Lyon spricht.
Zum Mittag haben wir uns alle wieder auf dem Schiff versammelt und sitzen in großer Runde am Salontisch.
In ungewohnter Hektik und Anspannung essen beide Petras ihr Mittagessen. Es wird wenig gegessen und die
Stimmung ist seltsam elektrisiert. Kaum ist der Teller leer, kommt auch schon: „Ich gehe mal raus und
seh’ mir mal das Wetter an.“
„Ihr seid doch nicht etwa seekrank?“, kommt meine Frage zurück.
„Nein, noch nicht, aber irgendwie ist mir nicht sehr gut.“
Da ist also der Grund für die Eile zu sehen. Durch den Nordwest drehenden Wind liegt die Bucht nun
relativ ungeschützt gegen die herankommenden Wellen und Beligou ist einigermaßen in Bewegung gekommen.
Immer wieder ruckt sie in die Ankerkette ein, die ich zur Vorsicht länger habe ausrauschen lassen. Nach
den ersten ruhigen Tagen sorgte diese ungewohnte Bewegung jetzt für plötzliche Seekrankheit.
Heute habe ich einmal das gesamte Kommando an Petra übergeben, da Sie sich immer beschwert, an Bord nur
Hilfsarbeiten zu tun zu haben.
„Ich glaube,“, kommt die Anweisung unseres weiblichen Skippers, „wir laufen jetzt direkt aus. Man weiß ja
nie, was noch kommt.“ Außer das wir beim Aufholen der Ankerkette ziemlich weit achteraus und in
beängstigende Nähe eines anderen Ankerliegers kommen, sind wir schnell aus der kleinen Bucht frei
gekommen.
Kaum haben wir die Bucht verlassen, als auch schon Groß und Genua gesetzt sind. Der Wind hat weiter
zugenommen und Beligou legt sich mächtig schräg.
„Andreas, wir machen ein Reff ins Groß.“ Na gut, also los. Innerhalb kurzer Zeit haben wir das Reff im
Groß, aber kaum zehn Minuten später lässt der Wind rapide nach. Nach nur etwa 20 Minuten schütteln wir
das Reff wieder heraus. Nach etwa 30
Minuten setzen wir den Besan. Nach 40
Minuten ist es windstill. Segeln im
warmen Mittelmeer ist vom Wetter her
doch immer wieder eine interessante,
aber nervende Sache. Manchmal wünsche
ich mir die kalten, aber beständigen
Winde der Nordmeere. Da kann man sich
meist auf die Stärke und Richtung
verlassen, aber hier !?
Kurz vor der Einfahrt zum Hafen von
Ajaccio setzt der Wind wieder ein und
nimmt auch schnell an Stärke zu. Eine
neue Böenfront kommt genauso, wie die
letzte, aber bis zuletzt lassen wir die
Segel stehen und bergen erst kurz vor
dem Hafen. Der Himmel ist jetzt
vollständig grau bedeckt und es fängt
leicht an zu regnen. Der erste, aber
auch der letzte Regen auf diesem Törn
in fünf Wochen. In der Hinsicht können
wir uns beim Wettergott nicht
beschweren.
Im Hafen selbst traut Petra sich doch
noch nicht zu manövrieren, während sie
den anderen Teil ihres heutigen
Skipperdaseins ganz super hingekriegt hat. Im Gegensatz zum letzten Mal ist der Hafen jetzt fast voll.
Wir erhalten einen Platz ganz am Ende einer Kaimauer kurz vor dem alten Fischerhafen. Mit einiger Mühe
gelingt es mir, Beligou in der Enge zu drehen und den Anker fast am gegenüber liegenden Steg fallen zu
lassen. Irgendwie möchte ich hier sicher vor langer Ankerkette liegen. Eine dunkle Vorahnung scheint von
den ebenso dunklen Wolken auszugehen.
Bald liegen wir sicher fest. Kurz nach uns kommt noch ein anderes Boot mit zwei alten Holländern, die
hier in Südfrankreich nun ihre Rente verleben und den ganzen Sommer auf ihrem Schiff verbringen. Während
unseres Aufenthalts in Ajaccio freunden wir uns schnell mit ihnen an.
Dieser letzte Abend mit Petra und Manfred ist zugleich ein ganz besonderer Tag. Petra hat morgen
Geburtstag. Im Gegensatz zu den nordischen Häfen brauchen wir uns hier keine Gedanken um die Nachtruhe zu
machen. Die Stadt unmittelbar hinter dem Anleger erwacht sowieso erst spät und gibt lange keine Ruhe und
auch auf den meisten Booten sitzen die Leute lange an Deck.
Fast alle Schiffe, die an unserem Steg liegen, wollen von Korsika zur Cote d’Azur. Bedingt durch den
Mistral vorhersagenden Wetterbericht bleiben alle vorerst sprungbereit hier im Hafen.
Zum Abendessen hat Petra Kalbsgeschnetzeltes gekocht und wir lassen uns ihre Henkersmahlzeit, die letzte
vor Verlassen des Schiffes, gut schmecken. Danach geht es raus an Deck mit Bier, Wein und Cognac. Die
Boom Box wird auf den Niedergang gestellt und gibt unsere neuesten Kassetten wieder. Auch mit den beiden
Alten vom Nachbarboot trinken wir zusammen einen Cognac und dann tanzen sie so wie wir auf dem Deck ihres
Schiffes nach der Musik der Boom Box.
Um Mitternacht wird es spannend. Wir haben vom Hafenmeister Eis besorgt und pünktlich wird die Magnum
Flasche Schampus geöffnet. Gleichzeit geht das winzige Feuerwerk, das meine Petra irgendwo in Ajaccio
organisieren konnte, in Rauch auf und gibt einige leise Pfeiftöne von sich. Unter leichten Freudentränen
feiert Petra ihren Geburtstag an Bord. Erst spät in der Nacht gehen wir dann alle ins Bett.
Am nächsten Tag fällt es uns allen schwer, von Petra und Manfred Abschied zu nehmen. Vorher haben sie
sich natürlich noch in unser Gästebuch des Schiffes mit einem sehr netten Spruch eingetragen. Auch Janine
weint, als Petra und Manfred von Bord gehen. Es war eine schöne harmonische Zeit mit den Beiden. Es war
ganz selbstverständlich für Beide, sich an allen anfallenden Arbeiten an Bord und unter Deck zu
beteiligen, genauso wie jeder gesteuert und gesegelt hat. Die nächsten Tage mit Carlos und Natalie
sollten uns dieses gute Verhältnis mit Petra und Manfred besonders deutlich vor Augen führen.
Petra und Manfred waren mit der Eisenbahn auf dem Weg zu ihrer Fähre zurück nach Italien, um noch einige
Tage in der Toskana zu verbringen. Wie wir später erfahren, kommen beide ohne Probleme bei Ihrem Auto in
Italien an, das auch noch alle Einzelteile und Räder hat und fahrbereit ist. Ob das Auto überhaupt noch
vollständig ist, war die ganze Zeit lang die einzige Sorge von Petra.
Der Wetterbericht der deutschen Welle für den heutigen Tag sagte Nordwest 6-7 voraus, also gute
Mistrallage. Da unser Ziel, die Cote d’Azur genau in Richtung Nordwest liegt, hatte es wenig Sinn, gegen
den Wind anzukämpfen, zumal eine Zulage der Windstärke leicht möglich ist.
Bevor wir jedoch die endgültige Endscheidung über eine Abfahrt fällen wollten, wurde noch beim
Hafenmeister das Wetter abgefragt. Der Wetterbericht vom Hafenmeister ist zwar nur für die unmittelbare
Nähe der Korsischen Küste zuständig, sagte aber ebenfalls Windstärke acht voraus.
Wir beschließen, noch einen Tag zu warten. Unsere holländischen Bootsnachbarn berichteten davon, dass sie
über Funk tatsächlich Sturmstärke vor Korsika berichtet bekommen hatten. Wir wollen den Tag trotz unserer
vornächtlichen Geburtstagsfeier nicht unnütz verstreichen lassen und mieten einen Peugeot 205, mit dem
wir die Insel erkunden können.
Auf kleinen gewundenen Straßen erklimmen wir die grünen Berge von Korsika und erlebten die
unbeschreiblich Schönheit der Insel. Ein dichter Kastanienwald bedeckt fast ganz Korsika und gibt der
Insel ihr sattgrünes Aussehen. Im Gegensatz zu den fast unbewaldeten, grauen griechischen Inseln bietet
Korsika eine wahre Augenweide. Bis in den Hochsommer hinein findet man Schnee selbst auf den höchsten
Gipfeln der Berge. Immer wieder begegnen wir Bergwanderern, die in zünftiger Ausrüstung die unberührte
Natur erleben wollten. Unterwegs laden glasklare Gebirgsbäche zu einer Kühlung ein und machen diese
einmalige Landschaft zu einem bleibenden Erlebnis in unserem Gedächtnis. Wie in den Fels gehauen ragen an
wenigen Stellen des mittleren Bergmassives einzelne Dörfer aus dem Fels und gleichsam nach Halt suchend
scheinen sich die Häuser am Berg anzulehnen.
Natürlich machen wir als brave Touristen auch eine Menge Fotos. In einem kleinen Bergdorf scheint mir das
Motiv eines alten Hauses auf einem Felsvorsprung mit der dahinter liegenden grünen Landschaft als sehr
fotogen und wir halten am Straßenrand an. Während der Aufnahme erscheinen aus dem angrenzenden Gebäude
zwei verwegen aussehende Männer in relativ zerlumpter Kleidung. Sie reden in Französisch auf mich ein,
aber erst als Carlos sich einschaltet, erfahren wir, dass sie gerne ein Foto von sich vor ihrem Haus
hätten. Kein Problem, wir machen die Aufnahmen. Natürlich müssen wir noch die Adresse bekommen. Erst beim
näher kommen merkt man den beiden an, dass sie heute schon ziemlich tief in die Weinflasche geschaut
haben müssen. Vielleicht war es auch ein echter, korsischer Selbstgebrannter. Ein längeres Palaver
beginnt, bis die sehr umfangreiche Adresse, bestehend aus Name und
Dorf, aufgeschrieben ist. Petra und Natalie drängen langsam zur
Weiterfahrt und auch mir sind die beiden nicht ganz geheuer. Wir
setzen uns wieder in den Wagen und wollen weiterfahren, aber einer
steht vor dem Auto, während der Andere seinen Kopf durch die
Seitenscheibe ins Auto hält. Man lädt uns zu einem Wein in ihr
Haus ein als Gegenleistung für die Fotos, aber das lehnen wir doch
freundlich ab.
„Wir wollen noch weiter und haben es eigentlich eilig“, beginnt
Carlos zu erklären, um die beiden Gesellen abzuwimmeln.
„In Korsika hat es niemand eilig.“, ist die kurze, aber klare
Antwort.
Ein Lastwagen bereinigt die Situation zu unserem Glück danach
ziemlich schnell. Er kann nicht weiter fahren, da wir aller mitten
auf der schmalen Straße stehen und alles blockieren. Auf einmal
sind wir nicht mehr Mittelpunkt des Interesses, sondern man wendet
sich dem LKW zu. Wir nutzen die Gelegenheit, um das Weite zu suchen.
Auf kleinen Bergstraßen winden wir uns durch die Landschaft und bisweilen gibt es noch nicht einmal
Asphalt als Straßenbelag, sondern nur Schotter oder Dreck. Nur die Tatsache, dass sehr selten einmal ein
Haus auftaucht, erinnert uns noch daran, dass wir in bewohntem Gebiet sind.
„Natalie, wie geht es Dir?“, frage ich sie, als ich sie leichenblass hinten im Wagen sitzen sehe. “Alles
okay, nur etwas steil hier.“, kommt die Antwort von hinten zurück. Die Straßen hier haben natürlich
keinerlei Befestigung des Seitenstreifens und fallen oft senkrecht mehrere hundert Meter tief in ein Tal
oder eine Schlucht ab. In jeder Kurve, die den Blick in die Tiefe besonders gut frei gibt, kommt ein
leises Stöhnen von hinten. Wie gut, dass der Griff bei Natalie so gut am Wagen verschraubt ist, sie hätte
ihn sonst wahrscheinlich vor Angst abgerissen.
Innerlich beschließen wir aber alle, dass dies nicht unser letzter Besuch dieser wunderschönen Insel sein
wird und dass auch ein Trip an Land einen Urlaub hier lohnenswert macht.
Wir haben Mittwoch und hoffen auf besseres Wetter in den nächsten Tagen, aber in den nächsten Tagen
sollte es anders kommen.
Donnerstag:
Die Deutsche Welle berichtet von Nordwest 6-7 im Golf du Lyon, am Freitag abnehmend auf 5 und Nordwest 5-
6 westlich Korsika. Der hiesige Wetterbericht und Radio Porto Cervo sagen 8-10 voraus und 7-8 für die
Straße von Bonifacio.
Wir müssen noch einen Tag bleiben. Der Hafen ist inzwischen überfüllt und viele Schiffe ankern auf Reede
in der Hafenbucht von Ajaccio. Keiner will bei diesem Wetter draußen sein. Dunkle Wolken jagen über
unseren Ankerplatz und steigen in die dahinter liegenden Berge als schwarze, beängstigende Ballen auf.
Von Zeit zu Zeit fallen ein paar Tropfen Regen, aber in den Bergen sieht man die Regenvorhänge herunter
fallen. Die Wolken scheinen bizarr zerrissen vom Wind in der Höhe.
Wir machen das ganze Boot sauber und führen einige notwendige Arbeiten aus. Nur Janine merkt nichts
davon, dass wir zwangsweise hier sind. Sie genießt das Spiel mit einer neuen Freundin von einem
französischen Nachbarboot. Es ist fantastisch mit anzusehen, wie sich die beiden Kinder ohne Worte
verstehen, ihre Freundin ist nämlich Französin und spricht kein Wort Deutsch.
Sie spielen am Steg im aufgeblasenen Pool und wandern von einem zum anderen Schiff. Gegenseitig zeigt man
sich seine Kajüte und die Spielsachen und hat den gesamten Tag eine Menge Spaß. Ich frage mich immer
wieder, wie die Kinder miteinander unterhalten und verstehen, was der andere will, ohne die jeweils
andere Sprache zu sprechen. So einfach kann Kommunikation sein.
Freitag:
Immer noch bleibt die Wetterlage mit einem riesigen stabilen Azorenhochkeil von der Biskaya bis in die
Nordsee. Selbst die deutsche Welle sagt heute für den
Golf du Lyon NW bis N 6-7, zunehmend auf 8-9 mit Mistralböen voraus und westlich von Korsika zunehmend 7-
8. Wir erfahren, dass am Cap Corse zwei Yachten im Sturm gesunken sind und von Radio Porto Cervo wird
Securite Warnung ausgegeben. Wir haben Diesel und Bier nachgebunkert und waren am Strand schwimmen. Durch
die heran laufende Dünung herrscht am Strand ein sehr schöner Wellenschlag, der das Baden im warmen
Wasser zur richtigen Freude macht. Gegen Nachmittag legt sich ein Motorsegler längsseits neben uns,
obwohl er damit eigentlich schon die Hafeneinfahrt zum Fischerhafen blockiert. Mit einer langen Leine hat
er sich an unseren Bug gehängt. Es herrscht seitlicher Wind im Hafen und so ziehen momentan zwei Schiffe
an unserem Anker. Wir machen dem sichtlich entnervten Skipper klar, dass er doch bitte seinen eigenen
Anker mal etwas dichter ziehen und sich daran hängen soll. Nach einiger Mühe und Überredung handelt er
auch danach.
Wir erfahren, dass dies ein Charterschiff ist, das auch an der Cote d’Azur zurück gegeben werden muss,
und zwar morgen. Der vom Wetter entnervte Skipper ist bei sattem achterlichem Wind bis nach Ajaccio
gekommen, ohne die Chance, sein Boot zurück zugeben. Es hat jetzt Flugtickets in Ajaccio für die Rückkehr
in die Heimat gebucht und es sieht fast so aus, als ob er so schnell kein weiteres Schiff chartern will.
Auch wir denken darüber nach, was einem Charterer, wie wir es letztes Jahr noch waren, passieren kann,
wenn er so lange wegen Mistral fest hängt.
Samstag:
Der Vollmond ist vorbei und wir haben
Hoffnung. Alle Wetterberichte sprechen
von abnehmenden Winden. Für den
heutigen Tag bleiben alle noch im
Hafen, um auch das Abnehmen der
Dünung etwas abzuwarten. Wir kaufen
ein und machen das Boot auf jeden
Fall klar zum Segeln. Den Tag
verbringen wir am Strand in der
wieder gleißenden Sonne am
wolkenlosen Himmel. Das Meer und die
Wolken sehen langsam wieder
vertrauter aus und haben ihre
ursprüngliche, vertraute Farbe
wieder angenommen. Am Abend sagt der
Wetterbericht auf der deutschen
Welle endlich wieder gutes Wetter
voraus. Der Golf du Lyon und
westlich Korsikas werden mit West 3-
4, später umlaufend und abnehmend
vorausgesagt. Auch der Wetterbericht
des Hafenmeisters ist ähnlich.
Am Abend beraten wir uns noch mit
unseren holländischen Nachbarn, ein
Ritual, dass wir eingeführt haben, seit
wir in
Ajaccio festliegen. Nach dem Wetterbericht
stehen wir bei einem Bier an Deck und fachsimpeln über die Lage und was man tun könnte. Heute sind wir
uns einig. Morgen sehr früh geht es los.
Endlich können wir wieder weiter segeln. Alle sind schon sehr früh auf den Beinen und natürlich
entsprechend aufgeregt. Nach einem ausgiebigen Frühstück erwacht der Diesel endlich wieder zum Leben.
Kurz vor uns legen auch unsere holländischen Freunde vom Nachbarboot ab.
„Wie heißt Euer Schiff. Wir können ja unterwegs immer per Funk in Kontakt bleiben. Wir segeln direkt nach
Norden Richtung Monaco oder Cannes.“, rufen sie noch bei der Abfahrt herüber.
„Geht leider nicht“, antworte ich mit einem Achselzucken, „Wir haben kein Funk an Bord.“
„Vielleicht sehen wir uns dennoch irgendwann an dieser Küste wieder. Tschüss und gute Fahrt.“
„Ja, vielleicht und gute Fahrt“, rufe ich ihnen noch hinterher und schon sind sie aus dem Hafen
verschwunden.
Leckere frische Dorade vom Grill. hmmmm