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Wie hat alles angefangen? Nun, es war einmal …..  Nee, so nun auch nicht. Irgendwann vor 20 Jahren habe ich mal unsere Anfänge mit Beligou niedergeschrieben, mit der Ambition, vielleicht mal ein Segelbuch daraus zu machen. Aus dem Buch ist Nichts geworden, aber mit dem Segeln auf jeden Fall. Also habe ich hier mal das „Buch“ reingesetzt, erweitert mit neueren Kommentaren und alten Bildern. Viel Spaß beim Schmökern. Da es doch sehr viel Text ist, habe ich alles unterteilen müssen. Die verschiedenen Themen können mit der Navigationsleiste oben links angewählt werden. Nur langsam ziehen die weißen Wolkenschleier unter mir hindurch und von Zeit zu Zeit tauchen Berge aus dem Dunst auf. Wahrscheinlich überfliegen wir gerade die Alpen, geht mir durch den Sinn, während ich gedankenlos noch gar nicht realisiere, dass wir gerade nach Athen fliegen. Vor einigen Wochen noch hätte ich jeden für verrückt erklärt, der mir von dieser Reise oder auch nur der Möglichkeit dazu erzählt hatte. Dabei waren die Verrücktheiten eigentlich schon immer Teil meines Lebens gewesen. Janine ist gerade 14 Tage alt, als Sie in ihrem Transportbehälter -das Oberteil ihres Kinderwagens- das erste Mal mitsegelte. Ein frischer Wind Stärke 5-6 wehte aus NW gegenan und mit unserem kleinen 8 Meter Boot kommen wir nur mühsam auf. Auf der Schelde bilden sich zwar keine sehr hohen Wellen, dennoch werden wir ziemlich nass. Petra ist komplett seekrank. Dies ist schließlich ihr erster Versuch des Segelns, und das bei diesem Wind. Janine schläft bei gleichmäßigem Schaukeln gut eingepackt in der Koje. Das Schiff setzt Gott sei Dank ziemlich sanft ein und schlägt sie nicht aus ihrer Ruhe. Vielleicht ist es bei Petra auch keine direkte Seekrankheit, sondern mehr die Sorge um den Winzling unten drin. Nach nur 3 Stunden Kreuzen hat Petra alles erfolgreich bestanden; wir liegen im sicheren Hafen. Der Rückweg am nächsten Tag wird von Ihr gesteuert und bei gut achterlichem Wind macht die Segelei doch plötzlich Spaß. Der Sommer bringt noch viele Segelwochendenden mit viel und wenig Wind, Sonne und Regen, Sturm und Flaute. Die Mannschaft bewährt sich und wird immer seefester. Ich glaube gutes Vertrauen zum Segeln und zum schwankenden Untersatz kann man am besten durch oftmaliges Segeln im Urlaub und an den Wochenenden gewinnen, wobei dies leider mit der Notwendigkeit eines eigenen Bootes verbunden ist. Ein Urlaub vor der Holländischen Küste infiziert Petra endgültig mit dem Segelvirus und wir beschließen mit 3 Paaren einen Törn in Südfrankreich für eine Woche zu fahren. Da ich Südfrankreich segeln zu dieser Jahreszeit bereits kannte und als sehr erholsam empfand, war von mir nur zu hören: "Macht Euch keine Gedanken, wir werden kaum Wind und nur warmes Wasser haben." Weit gefehlt. An 3 Tagen der Woche wehte Mistral mit Windstärken zwischen 6 und 8, was uns allerdings nicht vom Segeln abhielt. Schließlich waren wir zum Segeln hergekommen. Die Hälfte der Crew war ständig seekrank, dennoch bekam Petra zu meinem Erstaunen mehr und mehr Seebeine. Janine hatte sowieso keine Probleme, war sie doch von Anfang an ans Segeln gewöhnt. Auch jetzt im Alter von etwa einem Jahr war das Laufen sowieso mehr mit einem Seemannsgang vergleichbar. Es muss irgendwann zu dieser Zeit gewesen sein, als in uns der Wunsch aufkam, ein größeres Schiff anzuschaffen. Die recht beengte Kajüte unseres in Holland liegenden 8m Stahlkreuzers ist für 3 Personen zwar machbar, jedoch mit einigen Problemen verbunden. Dazu kam noch die mangelnde Hochseetüchtigkeit des Schiffes. Schließlich trieben uns unsere Träume zu ferneren Gestaden, die jedoch mit diesem Schiff nur schwerlich zu erreichen waren. Ich glaube der Teufel muss mich geritten haben, als ich auf eine Annonce in der einschlägigen Yachtzeitung schrieb. Hieß es doch verlockend: Stahlketsch, 12 Meter, Mast und Stage Niro, Liegeplatz Athen. Da ich nicht über ein fürstlichen Einkommen verfüge und auch nicht Rockefeller heiße, war uns klar, dass nur ein älteres und vielleicht reparaturbedürftiges Boot in Frage kam. Ich hatte durchaus einkalkuliert, einige Zeit mit den Reparaturen, Anstrich etc. zu verbringen. Ich glaube, während ich mit Bootsarbeiten durchaus einige Jahre rechnete, hatte Petra an weniger Arbeit und Zeit gedacht. Eigentlich wollte ich nur auf dieses Angebot schreiben um zu wissen, welchen Zustand Boote in solcher Preisklasse haben. Da unser jetziger Kreuzer auch aus Stahl war, wusste ich -oder glaubte zu wissen- auf was ich mich da einlasse. Die Antwort auf mein Anschreiben ließ auch nicht sehr lange auf sich warten. Aus Frankreich kam ein Brief mit einer Grundrisszeichnung, einer Seitenansicht und der Beschreibung. Von den ersten Plänen her und was vom Boot zu sehen war, waren wir durchaus begeistert, nur mit dem Preis war das alles so eine Sache. Hätte der Grundriss und Ausbauplan nicht so interessant ausgesehen, wären die Unterlagen wahrscheinlich unmittelbar im Papierkorb gelandet. Außerdem ergaben sich statt Antworten nur noch mehr Fragen. Aber wozu hatte der Voreigner denn seine Telefonnummer hinterlassen? Ein kurzer Anruf, er sprach ja Englisch, sollte die Sache klären. Gesagt - getan. Nach einigem unverständlichen Hin und Her in Französisch hatte ich plötzlich einen deutschsprachigen Menschen am Telefon. Nanu ? „Ja, ich bin hier als Feriengast und werde für Herrn Quiesse übersetzen.“ ,tönte es mir entgegen. „Gut, wie alt ist das Boot denn?“ „10 Jahre, aber mit dem Zertifikat Veritas gebaut.“ Zertifikat Veritas hatte ich noch nie gehört, machte aber einen interessanten Eindruck. „Ich habe mich über den Preisunterschied zwischen dem annoncierten und nun geforderten gewundert“. „Es handelt sich dabei um einen Fehler in der Umrechnung der französischen in die deutsche Währung“, wurde mir glaubhaft versichert. Ich machte klar, dass ich mit den wenigen Unterlagen nicht viel tun könne und gern einige Fotos und weitere Details haben möchte. „Der Eigner wird alles zuschicken, was Sie brauchen. Das Boot liegt bei Athen und der Eigner wird in zweieinhalb Wochen dorthin fahren, um einen Törn um den Pelopones zu segeln. Sie können dann gern für einen Probeschlag vorbei kommen und sich das Schiff vor Ort ansehen und beurteilen“. Nach Athen mal eben so, der spinnt wohl. „Wir werden auf die Unterlagen warten“. Da uns das Boot immer noch gefiel, hatten wir die Gedanken daran noch immer nicht abgehakt oder zurückgedrängt. Mit zunehmendem Interesse erwarteten wir die Fotos. Es dauerte länger als erwartet (über eine Woche), bis weitere Fotos und Unterlagen eintrafen, es war noch nicht die Zeit von E-Mails, apps und elektronischen Fotos angebrochen. Wir waren eigentlich etwas enttäuscht, da von dem Boot selber nur sehr wenig zu beurteilen und abzuschätzen war. Ein Foto zeigte den Bau mit den gesamten Umrissen, alle andere meist nur Ausschnitte aus vergangenen Urlauben des Eigners. Die kopierten Fotos vom Innenausbau sahen tatsächlich so viel versprechend aus wie der Grundriss. Alles in allem immer noch sehr interessant für uns. Da ich natürlich auch einmal wissen wollte, ob ich ein Schiff dieser Größenordnung überhaupt finanzieren könnte, wurden Bankeinkünfte eingeholt und Liegeplatzgebühren etc. besprochen. Die größten Kopfschmerzen machte mir zu dem Zeitpunkt allerdings der Gedanke, ein Boot in Griechenland zu haben und nach Nordeuropa segeln zu wollen. Der Landtransport wurde von mir zu keiner Zeit in Erwägung gezogen. Das bedeutete, dass das Boot eine lange Zeit in einem für mich recht unbekannten Kulturkreis liegen würde. Inzwischen hatten sich auch noch weitere Fragen angestaut, die ich eigentlich nur mit dem Eigner klären konnte. Besonders war ich natürlich an meinen Kaufchancen interessiert. Ich reise ja schließlich nicht nach Griechenland und entschließe mich möglicherweise für ein Boot, um dann zu erfahren, dass ein anderer schon zugeschlagen hat. Es gibt noch 2 etwas sicherere Interessenten, die allerdings erst Ende September nach Griechenland kommen wollten, um sich das Boot anzusehen. Einer ruft noch einmal an.“, sagte mir der Eigner im Telefonat. Na, das hört sich ja schon einmal viel versprechend an. „Am besten Sie kommen direkt Anfang Juni nach Griechenland, dann steht das Boot noch auf dem Trockenen und wir können nach dem Slippen einen Probeschlag machen.“ Einen genauen Termin für eine Reise nach Griechenland hatte ich allerdings noch nicht. „Ich werde am Ende dieser Woche nach Griechenland losfahren und Sie vorher noch einmal anrufen. Auf dem ersten Schreiben ist auch die genaue Adresse, unter der ich in Griechenland zu erreichen bin.“ Ich gab ihm auf jeden Fall schon einmal die Zusage, dass ich verstärkt an dem Schiff interessiert wäre und gern kommen würde, obwohl mir eigentlich immer noch nicht so ganz wohl bei dem Gedanken war. Aber Petra überzeugte mich immer wieder: “Wir fahren nur für einen Urlaub von einer Woche nach Griechenland und vielleicht fällt dabei noch ein Boot mit ab.“ Na mal sehen. Nach allem, was wir bis jetzt in Erfahrung bringen konnten, war das Schiff ein wirklich sehr interessantes Objekt für uns. Wir wussten, dass wir ein grösseres Schiff kaufen wollten und hier kam eins über den Weg, das unseren Vorstellungen in der Theorie sehr gut entsprach. Eine Ketsch von 12 Meter Länge. Der Innenausbau war geräumig und für das Eignersegeln ausgelegt (nach Grundrissplan). Es handelte sich auf jeden Fall nicht um ein Charterschiff mit vielen Kojen und wenig Bewegungsraum. Mittelcockpit und Rollgenua in Kombination mit kleinen Segelflächen an beiden Masten könnten auch das Segeln mit kleinerer Crew möglich machen. Vom Beratungsdienst der Yachtzeitung erfuhr ich, dass das Zertifikat Veritas dem Germanischen Lloyd gleichkommt und für gute Bauqualität spricht. Na immerhin schon mal ein positiver Aspekt. Die Registrierung des Schiffes in Malta, ein Umstand, der später noch großes Interesse und Arbeit erforderte, sollte mir momentan noch keine Gedanken machen. Im Reisebüro erkundigten wir uns nach einem Billigflug nach Athen und für 600 DM pro Person wurden 2 Tickets gebucht. Janine musste bei ihren Grosseltern bleiben, da wir nicht wussten, wo wir schlafen würden und was uns alles erwartete in der sommerlichen Mittelmeerwärme. Es war daher nicht sehr vorteilhaft, sie mitzunehmen. Am Ende der Woche wurde der Termin am Telefon an den Eigner durchgegeben, der zusagte, sich unterwegs auch noch einmal zu melden. Schließlich erhielten wir auch ein Telefonat aus Griechenland als der Eigner im Zielort war und die Ankunftsdetails wurden noch einmal besprochen. Trotz aller Unsicherheit gab uns dies ein Gefühl des Vertrauens, in Griechenland tatsächlich einen Franzosen zu treffen, der an Deutsche ein maltesisches Schiff verkaufen möchte. Die Wolkenbänke lichten sich so langsam und die Küsten-Region der Adria wird sichtbar. Die ersten Sehnsüchte dort unten zu segeln steigen in uns auf. In weitem Bogen schwenkt die Maschine zum Landeanflug nach Athen ein, wo uns 28 Grad warme Luft auf der Gangway entgegen schlagen. Ein Taxi schleust uns durch die brütend heißen und staubigen Strassen von Athen bis zum Hafen von Piräus. Uns bleiben gerade noch einige Minuten Zeit bevor die nächste der regelmäßig abfahrenden Fähren ablegt. Noch etwas Obst für zwischendurch und schon bringt uns die Fähre nach Egina, der kleinen Insel direkt vor der Küste von Athen. Im Fahrtwind lässt sich die Stunde Fahrzeit genießen, während wir langsam versuchen, uns an das Klima und die Wärme zu gewöhnen. Mit der Beschreibung „Egina Yachthafen“ als Ziel- und Treffpunkt stellen wir uns am Hafen an einem der Taxistände auf und warten. Das erste Taxi erkennt uns sofort als Touristen, denen man doch bestimmt etwas Geld aus der Tasche locken kann. Wir versuchen dem Fahrer in Englisch, Deutsch und was uns sonst noch so einfällt klarzumachen, dass wir zum Yachthafen wollen. Nach einigen Minuten Diskussion schließlich fährt er mit einem anderen Fahrgast davon. Ich versuche es beim nächsten Taxi dann sogleich mit einer Zeichnung eines Boots und wie ein vermeindlicher Yachthafen aussehen könnte, doch die Reaktion ist spärlich. „Habour, Marina, Boats“, wollen wir Ihm zu verstehen geben. Er bemüht sich auch redlich, und bringt tatsächlich so etwas wie „Egina Marina“ heraus. „Yes, das muss es sein“. Wir überqueren mit dem Taxi den Bergrücken in der Mitte der Insel und fahren lange Zeit am Ufer direkt neben dem zum Baden einladenden blauen Mittelmeer entlang. Wie gut, dass die Taxipreise hier nicht allzu hoch sind. In Düsseldorf wären wir mit gut 100 DM dabei gewesen. Nach gut einer dreiviertel Stunde treffen wir dann tatsächlich in einem Ort namens Egina Marina ein, von einem Yachthafen oder ähnlichem keine Spur. Der Taxifahrer erkennt unseren Unmut und hält im Ort an einen Cafe an. Dort spricht man Englisch und wir erklären die Situation. Per Post hatte ich von Guy noch eine Telefonnummer erhalten, unter der er in Egina erreichbar sein sollte. Die Besitzerin des Cafés stellte freundlicherweise die Verbindung her und führte auch das Gespräch. Dann wurde der Hörer an den Taxifahrer weitergereicht, um ihm unser Ziel zu erklären. Nach wiederum einer guten halben Stunde Fahrt erreichten wir eine Art von Werft, die nur etwa 5 Minuten mit dem Wagen vom Landepunkt der Fähren entfernt war! Und dafür haben wir die gesamte Insel mit dem Taxi erkundet. Der Ausdruck Werft schien für diese Ansammlung von Booten doch eigentlich unangebracht. Als ordnungsgewohnter Deutscher erwartet man die in unseren Häfen übliche Sauberkeit, geschweißte Ständer, Kran oder Verschubein-richtung, einen Hafen oder wenigstens einen Festmachersteg. Nichts von alledem! Mehr oder eher weniger gut aufgepallt auf Tonnen und Holzbalken standen moderne Yachten neben total abgewrackten Holzrümpfen mit großen Löchern zwischen den Planken. Der Boden bestand aus Schotter mit Farbeimern, Planen, Werkzeug und allem möglichen Kleinkram der letzten 50 Jahre. Die wenigen neueren Schiffe wirkten irgendwie deplaziert, als habe man einige neue Autos auf einem Schrottplatz abgestellt. Einen Anleger gab es nicht. Der Hafen war unmittelbar am Wasser und die einzige Verbindung bestand aus einer breiten Slipbahn, gebaut aus einer Reihe von Eisenbahnschienen und Schwellen. Ich hätte nie gedacht, dies auch nur annähernd als einen Platz anzusehen, um mein Boot überwintern zu lassen. Aber hier sollte das Anschauungsobjekt nun sein. Wir schleiften unsere Koffer, mit denen wir wahrscheinlich aussahen wie absolute Touristen fernab der Heimat und total verirrt, über den Schotter inmitten der dort liegenden Schiffe. Zuerst galt es, „BELIGOU“ zu finden. Da wir Fotos hatten und wussten, dass wir nach einem Zweimaster schauen mussten, konnte die Sache nicht so schwer sein. Nach einigen Metern lag denn nun auch dieses Bild vor uns. BELIGOU stand nicht wie die anderen Boote auf Tonnen und Stangen, sondern direkt am Wasser auf einer Art riesigem Schlitten, der von Eisenstangen und Ketten zusammen gehalten wurde. Ein grünes Sonnensegel flatterte auf Deck schattenspendend auf und ab in der leichten Mittagsbrise. Einige Leute wieselten im hinteren Teil des Schiffes herum und begrüßten uns als wir vorsichtig näher kamen.              „Bon jour, I am Guy“, tönte mir der Eigner entgegen. Guy, der Eigner, war ebenso wie diese „Werft“ das absolute Gegenteil von dem, was man sich bei uns als Skipper vorstellt. Diese typische Rasse Mensch, die sich Skipper oder eigentlich besser Bootseigner nennt, sind auf jeder großen Bootsausstellung zu sehen. Kräftig gebaut, in der Körpermitte aus technischen Gründen der Rettungsring eingearbeitet, mit Skippermütze, blauem Pullover oder eindeutig als Segler zu identifizierenden Hemd, passende Hose und Slipper. Diese Mode wird wetterunabhängig beibehalten, ob die Ausstellung im Winter oder im Sommer stattfindet. Das gleiche Dress trägt der Käpt’n natürlich auch bei jedem Landfall. Guy würde wohl nie in diese Kategorie passen. Er reichte mir gerade bis zur Brust, der Rettungsring war sehr ausgeprägt und sein Gesicht gekennzeichnet durch ein riesiges, langes, grauschwarzes Gefransel, dass bisweilen an einen Bart erinnerte. In der löchrigen Hose steckte an diesem Tag ein vollständig farbverkleckster, runder Zwerg. In seinem herzlichen Französisch- Englisch begrüßte er uns und stellte uns Monique, seiner Frau vor, schlank, kurzes Haar mit drahtigem Körper. Jeden Morgen machte Sie vor dem Frühstück einen Marathonlauf, und das konnte man ihr ansehen. Der dritte im Bunde war Michel, ein drahtiger, dünner, aber ungemein ausdauernder Franzose und ehemaliger Fremden-Legionär. Er wurde uns als Moniques Bruder vorgestellt. Mit seinem VW-Bus waren Sie zusammen nach Griechenland gekommen. Guy erzählte uns später, dass er von Beruf Seekapitän war und jetzt pensioniert sei. Sein halbes Leben habe er auf Schiffen verbracht, inklusive einer Weltumsegelung. Diese hatte er aufgeschrieben und uns ein Exemplar mit Bildern vermacht. Als Seekapitän war er immer längere Zeit mit einem Tanker oder Frachter unterwegs, im Schnitt bis zu 6 Monate. Danach hatte er 6 Monate frei. Diese Zeit verbrachte er bisher immer auf BELIGOU im Mittelmeer, der Türkei, Griechenland oder Jugoslawien. Er kannte das Mittelmeer wie seine Westentasche und konnte uns viele Hinweise über Wetter, Routen, Windrichtungen und -stärken geben. Nachdem wir der ersten Überraschung in diesem Dock Herr geworden waren, stieg der nächste Blick auf zum Schiff. Eine 12 Meter Yacht auf dem Trockenen steht doch schon ganz gewaltig hoch. Die Bordwand ragte in einer Höhe, die ich von meinem kleinen 8 Meter Kreuzer überhaupt nicht gewohnt war. Über eine klapprige Leiter machten wir uns mit einigen Koffern erst einmal auf den Weg nach oben auf ein großes, vom Sonnensegel schattiges Deck des Bootes. Guy und Monique schlugen zunächst einmal vor, die Badehose anzuziehen und eine ausgiebige Abkühlung im lockenden Blau keine 10 Schritt entfernt zu nehmen. Das Boot würde schon nicht weglaufen. Nachdem uns die Kajüte gezeigt worden war, sprangen wir auch schon in die Badesachen und runter von der Steinbefestigung ins Meer. Ein herrlicher Anfang nach einem solchen Tag. Hoch über uns blickte Beligou sehnsüchtig ins Meer in der Hoffnung, nun auch bald ins Wasser zu kommen. Am Abend fuhren wir dann gemeinsam mit dem VW-Bus von Michel etwas über die Insel und machten in Egina Stadt Halt zum Essen. Uns hing der Magen schon in den Kniekehlen, aber Guy betonte immer wieder: „Nur die Touristen essen von 6 bis 7 Uhr. Wir gehen erst ab 8 Uhr oder später essen. Dann wird das Essen besser und billiger.“ Bis zum Ende unseres Aufenthalts nach einer Woche hatten wir uns an diesen Spruch und auch an das späte Essen gewöhnt. Allein die gemilderten Temperaturen zu dieser Zeit machten ein spätes Mahl sinnvoll. Die am Anfang etwas komplizierte Konversation wurde im Laufe des Kennenlernens immer einfacher und lustiger. Guy sprach Englisch, sodass wir uns mit ihm eigentlich sehr gut unterhalten konnten. Michel sprach einige Brocken Deutsch aus der Zeit, als er als Fremdenlegionär auch einmal in einem deutschsprachigen afrikanischen Staat stationiert war. Insgesamt verstand er auf jeden Fall mehr, als er sprach. Mit Monique wurde es ziemlich schwierig. Sie sprach nur Französisch und unsere paar Brocken reichten kaum aus, um uns zu verständigen. So wurde mit Monique mit Händen und Füssen und der geduldigen Übersetzung Guy’s gesprochen. Das Boot entsprach voll und ganz unseren Vorstellungen. Da Guy eigentlich damit noch längere Zeit segeln wollte, -ich nehme an bis ans Ende seiner Tage-, ist das Schiff sehr geräumig ausgebaut. Die Bequemlichkeit ging bei der Innenaufteilung vor viele Kojen, nicht so wie man es häufig auf modernen Bauten findet. Allein der Toilettenraum war uns ein Begeisterungsruf wert, entsprach seine Größe von über 2 Quadratmeter nicht gerade der Norm. Die sonst den ganzen Raum ausmachende Toilette verschwand in einer Ecke. Die Bodenwanne war aus Kunststoff mit einer Dusche. Die Wandseite wurde vollständig von einem riesigen Schrank mit Ablage, Waschbecken und Spiegel gebildet. Angrenzend ist ein großer Salon achtern eingebaut, an den sich die Kombüse anschließt Der Motorraum unter dem Mittelcockpit ist nicht weniger großzügig. Der Diesel lag offen und bloß wartungsfreudig vor einem. Über zwei Einstiege kommt man an jedes Teil des Motors heran. 2 Kabinen mit großem Kartentisch am Niedergang bildeten das Vorschiff. Durch die relativ hoch gezogene Bordwand war es mit der Stehhöhe überall kein Problem. Lediglich der sehr enge Niedergang kostete uns am Anfang einige Blessuren. Nach anfänglichen Überlegungen zu seiner Vergrößerung bin ich allerdings nun doch wieder auf sein Originalmaß zurückgekommen. So wie er jetzt gebaut ist, wurde ein hohes Maß an Schutz vor überkommenden Seen und Eindringen des Wassers ins Schiff realisiert. Am nächsten Tag sollte das Schiff ins Wasser gelassen werden. Da wir diese Art des Slippens noch nicht kannten, war die Aufregung natürlich groß, -wie konnte man ein Schiff einfach eine solche Rampe runter fahren lassen. Alle Mann waren an Bord und während Guy sich noch um die Maschine kümmerte, standen wir an Deck, um das ganze auch genau zu verfolgen. Urplötzlich und ohne Vorwarnung setzte sich das Boot in Bewegung, was beinahe dazu geführt hätte, dass wir von Bord gefallen wären. Mit rasanter Fahrt rutschte der Schlitten herunter und gab BELIGOU dem Wasser wieder. Sichtlich erfreut schaukelten wir auf den Wellen und nachdem auch der Motor problemlos startete, machten wir uns auf den Weg. Zunächst tuckerten wir gemütlich um Egina herum Richtung Süden, um an der Küste entlang bis nach Nauplion zu fahren. Dies würde bei gemütlicher Fahrt etwa 2 Tage in Anspruch nehmen und wir hatten genügend Zeit, um das Boot kennen zu lernen. Im Moment war allerdings jeder mit dem Boot selber beschäftigt; wird der Diesel heiß ?, sind Ruderschaft und Ventile dicht ? und und und.... Alles in allem erwies sich Beligou als ein ruhiges und gemütliches Schiff, wobei wir die Segeleigenschaften mangels Wind erst am nächsten Tag erforschen konnten. Das Groß und die Rollgenua waren zwar schon ziemlich aus der Form gekommen und ein Kreuzen hoch am Wind ziemlich schwierig. Aber die Segeleigenschaften selbst waren gut und sicher. Die Geschwindigkeit war nur zu schätzen, da sich außer einem Kompass keinerlei navigatorische Instrumente an Bord befanden. Anfangs standen wir ziemlich ehrfürchtig vor den großen Segeln, hatten wir auf unserem 8 m Kreuzer gerade einmal 20 Quadratmeter zu bewegen, kamen uns die hier gesetzten 90 Quadratmeter geradezu gigantisch vor. Lediglich mit dem Besansegel in seinen kleineren Ausmaßen waren wir sofort befreundet. Auch wenn irgendwelche elektronischen Geräte oder Hilfsmittel fehlten, so waren die zum Segeln notwendigen Handwerkszeuge, wie Winschkurbeln, Seile und Blöcke in Mengen vorhanden. Man spürte, dass Guy tatsächlich ein Skipper war, dem es nur darauf ankam, dass sein Schiff seeklar war. Am meisten erfreute uns die elektrische Ankerwinsch, die das Einholen der 55 Meter Hauptkette zu einem Kinderspiel machte. Auch hier hatte Guy gut vorgesorgt. Beligou war mit viel Kette und drei schweren Ankern ausgerüstet, dazu noch eine 50 mm Leine von 100 m (!) Länge. Unsere Segeltage bei wundervollem Wetter, leider meist zu wenig Wind, verflogen im Nu. Am Abend des 3 Tages machten wir dann in Nauplion fest und fanden und an einer fast leeren Pier wieder. Auch der kleine Ort zu Füssen der großen Festung vermittelte den Eindruck von Altgriechenland ohne viele Touristen. Besonders die ungünstige Lage für die Anfahrt mit dem Auto hatte wohl dafür gesorgt, dass wenige Touristen zu sehen waren. Am Abend, als die Sonne langsam blutrot hinter den Bergen am Horizont versank, begann das Leben in der Stadt.  Männer, Frauen und Kinder drängten sich lautstark in der Innenstadt auf dem Marktplatz, den Strassen und Restaurants. Zu einer Zeit, wenn bei uns die Städte langsam leer werden, erfüllte das geschäftige Treiben bei erträglichen Temperaturen die Stadt mit ihren weißen Häusern und bunten Blumen an allen Ecken. Ursprünglich hatten wir geplant, mit den dreien nur einige Tage zu segeln und dann von Bord zu gehen. Vielleicht würden wir wieder nach Athen fahren und den Rest der Woche dort verbringen. Irgendwie hatten wir uns allerdings mit Guy, Monique und Michel so sehr angefreundet, dass es einfach nicht möglich war, von Bord zu gehen. Als wir einmal das Gespräch auf eine eventuelle Rückfahrt nach Athen lenkten, war auch von Seiten unserer neuen Freunde eindeutig zu spüren, dass sie uns nur ungern von Bord lassen wollten. Jeden Abend versammelten wir uns gegen 7 in dem kühler werdenden Cockpit, dass von einem Sonnensegel geschützt wurde, zu unserem „Aperitiv“. Das war meist ein sehr leckerer Salat aus Tomaten, Thunfisch, Zwiebeln, Oliven und anderen Köstlichkeiten des Landes. Dazu bereitete Monique stets eine französische Vinegrette mit aus Frankreich importierten Essig und Senf. Dazu gab es Redzina oder einen roten Wein der Provinz. Vorher musste Guy allerdings immer noch sein Stossgebet in die vier Himmelsrichtungen loslassen, bei einem Ouzo mit Eis natürlich. Den eisspendenden Kühlschrank mit Gasantrieb hatten wir somit auch vom ersten Augenblick an ins Herz geschlossen. Auf der ganzen Fahrt und auch jetzt hier im Hafen zeigte mir Guy jeden Winkel des Schiffes, und damit meine ich auch jeden. Jede Bodenplatte wurde hochgehoben und jedes Schapp untersucht. Er zeigt mir Stellen der Reparatur, die ich selbst nie gesehen hätte und versuchte auch Nichts zu verheimlichen. Ich wurde in das Intimleben des Motors und dessen Macken eingewiesen und kannte die Punkte für die Schmierung der Steuerseile bald wie meine Westentasche. Wie in stiller Übereinkunft wurde mir alles erklärt und gezeigt, gerade so als sei ich schon der neue Eigner des Schiffes. Dabei wurde von beiden Seiten immer wieder vermieden, über den Kauf und insbesondere über den Preis zu verhandeln. Als das Ende der Reise näher rückte, diskutierte ich mit Petra oft abends in Kajüte über unser Angebot und ob wir wirklich dieses Boot kaufen wollten. In kurzer Diskussion mit Guy waren wir uns dann auch schnell einig und plötzlich fand ich mich als neuer Bootseigner wieder, sogar von zwei Schiffen, denn meinen 8 m Stahlkreuzer hatte ich ja auch noch. Aber ganz so einfach war es nicht. Nun war der notarielle und juristische, sowie der finanzielle Bereich zu klären. Wie ich schon vorher aus Angaben von Guy wusste, segelte das Schiff unter maltesische Flagge. Es sollte eigentlich kein Problem sein, dieses umzuschreiben auf meinen Namen. Weit gefehlt. Zunächst fuhren wir am vorletzten Tag mit dem Campingbus von Michel nach Athen, um die dortige Botschaft von Malta aufzusuchen. „Sie müssen den Sitz in Malta rechtlich umschreiben lassen. Dies geht nur über einen Notar, entweder hier in Athen oder irgendwo anders.“, teilte uns die Botschaftsangestellte nach einiger Diskussion mit. Einen Notar in Athen zu suchen, ohne Kenntnis der griechischen Schreibweise oder der Sprache ist schon ein ziemliches Problem. Bei einem Stop in Piräus für ein kühles Bier fiel mir an einer Tür das Schild „E.MANTAS Advokat“ auf. Hier könnten wir fündig werden. Gesagt, getan. Damit begann die absolut aufreibendste Tour meines Lebens. Zunächst erzählten wir unser Anliegen, was damit endete, dass Frau (leider war es eine beleibte gemütliche Dame) Mantas mit der Botschaft reden wollte, um sich schlau zu machen. 2 Stunden später erschienen wir wieder bei Ihr, mussten eine halbe Stunde warten. Nach langem und ausschweifendem Reden hatten wir das Gerüst für die Übergabe beisammen, einschließlich Preis. Zunächst schlug uns der Preis ganz außerordentlich vor den Kopf, da Guy und ich uns allerdings einigten, die Kosten zu teilen, fuhren wir mit der Verhandlung fort. Für den nächsten Tag sollten alle Papiere fertig sein und beim Maltesischen Botschafter unterschrieben werden. Zum verabredeten Zeitpunkt fanden wir uns am nächsten Morgen auch bei Frau Mantas ein und erledigten die übliche halbe Stunde Wartezeit bereits mit einer gewissen Gewöhnung. Natürlich waren keine Papiere fertig und kein Botschafter zu sehen. Nach aufreibenden Verhandlungen bis gegen Mittag (unser Flugzeug ging am Nachmittag ab) war immer noch kein Stück Papier fertig. Um alles zu beglaubigen, wurde noch ein Advokat hinzu gezogen, der unsere Pässe begutachtete. Als wir immer noch nicht weiter waren und ich mehrfach betont hatte, gegen Nachmittag meine Maschine nach Deutschland zu erreichen, egal wie weit die Papiere waren, sollte ich schließlich ein auf Griechisch geschriebenes Papier unterzeichnen, das Frau Mantas alle Vollmacht für weitere Verhandlungen gibt. Ziemlich entnervt und mit gereiztem Ton brach ich die Gespräche ab mit: „Schicken Sie mir die englische Version zu. Ich werde sie unterschrieben zurück senden und jetzt fahre ich zum Flughafen.“ Leider war der Notar immer noch nicht mit unseren Pässen fertig, einige etwas lautere Worte beschleunigten aber auch diesen. Trotz der nervenaufreibenden Prozedur fiel uns der Abschied von unseren Freunden sehr schwer.                           Bereits vorher hatten wir uns mit Guy schon auf die weitere Prozedur geeinigt. Er sollte mit dem Notar soweit alles klären, das Schiff dann um den Pelopones herumsegeln und uns in Patras in fünf Wochen wieder treffen, wo wir dann alles endgültig übernahmen. Während der ganzen Zeit waren wir über Monique in Kontakt, die auch vorzeitig nach Frankreich zurückfuhr. Wir hatten uns überlegt, unseren restlichen Urlaub lieber auf dem neuen Boot in Griechenland, als auf dem alten in Holland zu verbringen. Es waren noch viele Telefonate mit Guy, Monique und Frau Mantas notwendig, bevor wir wieder nach Athen fahren konnten. Immer wieder wird besprochen und verhandelt, Frau Mantas unterbreitet Guy sogar noch das Angebot, auf seine Kosten nach Deutschland zu fliegen, um mit mir die Papiere zu klären und unterschreiben zu lassen. Guy lehnt lächelnd ab. Mit gemischten Gefühlen erreichen wir nach fünf Wochen wieder Athen und werden am Flughafen auch von Guy und Michel abgeholt. Als erstes machen wir uns auf dem Weg zu Madame Mantas, um endgültig alles zu beenden. Wie schon früher gewohnt, warten wir zunächst wieder einmal eine halbe Stunde, bevor mit aufwendiger Redezeremonie erst einmal von ihr erklärt wird, was wir allemal schon wissen. Wir werden uns gegen Mittag mit dem maltesischen Konsul treffen und dort alles unterzeichnen. Wie verabredet sind wir auch zur passenden Stunde beim Konsul, der mit uns zusammen die halbe Stunde Wartezeit auf Madame Mantas verbringt, wobei er uns einiges über seine Insel und die Industrie erzählt. Nach einigen kleineren Schwierigkeiten haben wir endlich alle Papiere beisammen und legen nicht zu wenig Geld auf den Tisch der Notarin. Kein schlechter Stundenlohn auf jeden Fall. Endlich sind wir sie los und ich bin frischgebackener Eigner eines 12 Meter Schiffes. Irgendwie ist mir noch nicht so recht danach. Mit Guy und Michel fuhren wir dann in dessen Campingbus am Abend dann nach Patras, wo sie das Boot jetzt liegen gelassen hatten. Diesmal hatten wir auch Janine mit, zu diesem Zeitpunkt gerade anderthalb Jahre alt. Diesmal wussten wir ja schließlich, wo wir leben und schlafen würden. Guy und Michel schließen auch sofort enge Freundschaft mit Janine, die sie ja bislang noch nie gesehen hatten. Nach langer Fahrt kamen wir zu Beligou, diesmal meinem Schiff. Es war schon irgendwie ein erhebendes Gefühl. Genauso wie wir das Schiff verlassen hatten, lag es jetzt vor uns im Wasser, es war trotzdem irgendwie etwas anderes. Am Abend führte uns unser Weg wie immer in den nahen Ort mit seinem Trubel und der belebten Plazza, auf der in kreischendem Durcheinander die Kinder und Erwachsenen palavern, Wein trinken und essen. Dieses bunte Leben war uns sofort wieder vertraut und die Abgeschiedenheit dieses Ortes ließ auch nur sehr wenige Touristen hier her kommen. Am nächsten Morgen beschlossen wir, mit Guy nach Nidri auf Lefkas zu segeln, wo er eine Werft kannte, bei der wir Beligou für den Winter aufs Trockene legen wollten. Michel sollte mit dem VW Bus dahin kommen und beide wollten von dort abreisen. Mir war ganz lieb, dass mir Guy noch dabei helfen wollte, einen Platz für den Winter zu finden, schließlich hatte ich noch keinerlei Ahnung mit den hiesigen Bootssitten und Gebräuchen. Zunächst führte uns die Fahrt durch die westgriechische Inselwelt. Guy gab mir viele Ratschläge, aber alle Manöver, wenn auch anfangs noch sehr ängstlich, ließ er mich selbst machen. „Du bist jetzt der Skipper!“, sagte er mit Nachdruck. Wir ließen den Anker für meine Begriffe ziemlich weit draußen im Hafenbecken fallen und nach einigem Hin und Her unter meinen ungeübten Manöverhänden lag unser Heck sicher an der Pier. Unter mühsamen Schlägen mit der Ankerwinsch zog sich auch die Kette stramm. Leider war die elektrische Mechanik der Ankerwinsch auf dem Weg um Patras herum kaputt gegangen. Gegen Abend zogen die ersten grauen Wolken auf und irgendwann in der Nacht weckten uns erste Sturmböen, die das Rigg zum Pfeifen brachten. Guy und ich waren gleichzeitig wach und an Deck. Der Wind stand genau quer im Hafen und schob die Päckchen von Booten nun zur Seite. Als erstes setzten wir den Anker noch strammer als zuvor. Jetzt war mir klar, warum Guy geraten hatte, den Anker so weit draussen auszulegen. Der Wind nahm immer mehr zu und ein satter Sturm stand im Hafenbecken und drückte Beligou auf die Seite. Unser Anker hielt allerdings ausgezeichnet im Gegensatz zu vielen Charteryachten, die jetzt mit den querschlagenden Booten kämpften. Die meisten waren mit gerade 10 Meter Kette ausgerüstet und 30 Meter Leine. Zumeist befand sich der Anker auch noch mitten im Hafenbecken und nicht auf der anderen Seite. Ziemlich lange versuchten alle Segler denjenigen Leuten zu helfen, deren Anker nicht hielten. Wo ein erneutes Ausbringen mit dem Dingi erfolglos war, wurde mit Mengen von Fendern nachgeholfen. Irgendwann in der Nacht legten wir uns dann unter dem weiterhin heulenden Rigg schlafen. Am nächsten sehr grauen Morgen hatte der Wind nachgelassen, stand aber immer noch quer im Hafenbecken. Dunkle Wolken kamen über die Berge vom Festland heran gekrochen. Von weitem war immer wieder Donnerschlag zu hören. Nach einer Weile beruhigte sich der Wind und alle dachten ans Auslaufen, auch wir. Ein letzter Blick von der Hafenmole sollte dies bestätigen, als wir eine richtig schöne Wetterwalze auf uns zu kommen sahen. Hinter einer hellen Wolkenschicht war ein dunkler Kranz zu erkennen und im Fernglas konnte man deutlich die aufgewühlte weiss-schäumende See darunter erkennen. Es war ein faszinierender Anblick, dieses Bild näher kommen zu sehen, bis schließlich über uns der Sturm losbrach und das Wasser weiß schäumte. „Wie wird jetzt das weitere Wetter? Glaubst Du, wir können auslaufen?“, bohrte ich bei Guy’s Erfahrungsschatz. “Ich weiß nicht. Du bist jetzt der Skipper und musst deine Entscheidungen selbst treffen.“ So hielt sich Guy an seine Art, mir das Schiff zu überlassen.
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