Auf geht‘s
Der Winter fühlt sich diesmal sehr lang an,
da wir fast 7 Monate nicht auf Beligou
waren. Aber Anfang Juni geht es wieder los,
nachdem wir beide komplett geimpft sind
und Italien die Restriktionen wieder
gelockert hat. WIr planen eine
Übernachtung in der Toscana und dann die
Nachtfähre nach Sardinien.
Das Jahr 2021
Und dann sind wir endlich wieder da.
Ab Anfang Juni sind wir beide komplett geimpft und da wir die Daten frühzeitig kennen, buchen wir auch
entsprechend. Alle Papiere sind bereit, das European Tracing Document, die Sardinia Sicura Registry, natürlich
unsere Impfpässe, die Dokumente für die Fähre…. Da wir noch eine Übernachtung in der Toscana einplanen,
machen wir sogar Halt in Freiburg, um uns um 9 Uhr morgens testen zu lassen. Brauchen wir alles nicht ! Kein
Mensch will je unsere Tests oder unsere Impfnachweise sehen.
Wir übernachten in der Toscana in Rosignano im B&B Relais Il Sigillo. Ein sehr schönes B&B mitten in der Stadt mit
recht schönen Zimmern. Viel wichtiger für uns ist der Einkauf von Tomatenkonserven vom Tomatengut in Cecina
und der Einkauf von erstklassigem Olivenöl in der Toscana. Leider finden wir den Olivenbauern des letzten Jahres
nicht mehr (man sollte sich doch aufschreiben, wo man was macht und bekommt !), aber das macht eigentlich
Nichts. Wir finden ein anderes tolles Olivengut Piccolo Frantoio di Bolgheri und verkosten einige tolle Sorten, die
wir auch einkaufen. Wir sind sicher, dass wir auch der Rückfahrt hier wieder Halt machen werden und ein bisschen
Geld los werden.
Und dann geht es ab auf die Fähre. Diesmal aber viel schneller als gedacht. Wie sind 2 Stunden vor Abfahrt da und
es geht absolut zügig durch. Nur Pässe und der Sardinia Sicura werden kontrolliert und schon befinden wir uns in
Sardinien. Und auch hier … wen interessiert der Impfpass, natürlich werden überall Masken getragen, aber wir
können in Restaurants innen und aussen und alles läuft echt unproblematisch. Allerdings achtet jeder auf jeden
und Abstand. Wir übernachten wieder ein paar Tage bei DaNicoletta in Pantaleo, wie jedes Jahr, um Beligou in
Ruhe sauber zu machen und einzuräumen. Allerdings werden es diesmal ein paar mehr Tage, da ich in der Werft
bei Dino nach einer Renovierung des Unterwasserschiffs nachfrage, zusammen mit Raul, der dasselbe braucht.
Der letzte Anstrich stammt aus Südfrankreich, zwischendurch haben wir 2 x im Wasser kärchern lassen und auch
das Ultraschall
Antifouling installiert,
aber dennoch ist es Zeit.
So wird Beligou
rausgeholt und von allen
Lebewesen befreit, die
Anoden werden
erneuert und 2 Ventile
ausgetauscht. Es findet
sich keinerlei Korrosion
im Unterwasserschiff
und die Anoden im Bereich der Schraube sind noch hervorragend in Schuss. Das Sandstrahlen in Holland 2013 hat
sich voll gelohnt. So ist Beligou nach 2 Tagen wieder im Wasser mit neuem Unterwasserschiff, was man an der
Geschwindigkeit sofort sieht. Nachdem beide Schiffe wieder im Wasser sind, verbringen wir einen sehr schönen
Abend bei Raul und Barbara an Bord eines Motorbootes. Wie ungewöhnlich für uns.
Zusätzlich zum Unterwasserschiff werden die beiden Versorgungsbatterien getauscht, die nach 6 Jahren nun auch
nicht mehr ausreichen für viele Ankertage. Schnell sind Segel aufgezogen und Beligou ist wieder bereit für neue
Fahrten. Der Motor läuft und die ausgetauschte Wasserpumpe von letzten Jahr schnurrt einwandfrei.
In den ersten Tagen ist es noch recht kühl und wir entschließen uns die kleine Kabine kompett zu erneuern. Die
Materialien hatten wir schon letzten Jahr gekauft, sind aber nicht dazu gekommen. Im Sommer war es zu warm
und im Herbst sind wir schon recht früh nach Deutschland gefahren. Also wird die alte Wandverkleidung
abgerissen und die neue Verkleidung mit lösungsmittelfreiem Kleber angebracht, geschnitten und angepasst. Mit
Lösungsmittelkleber hätten wir wahrscheinlich noch tagelang stoned im Boot gelegen.
Es bleibt erstaunlich leer auf dem Wasser mit wenigen Motorbooten
und nur einigen Seglern. Dafür sind viel mehr italienische Touristen mit
dem Auto auf der Insel. Das ändert sich auch bis Anfang Juli kaum. Wir
segeln im Juni noch nach Maddalena, bevor die Preise dort drastisch
anziehen,
verbringen 2 Tage
bei starkem Wind im
Hafen von
Maddalena und
leihen und einen
Scooter aus, mit
dem wir über die
Insel düsen. Bei dem
Wind muss man
allerdings auch auf
dem Scooter
auspassen, nicht von
der Strasse geweht zu werden. Ein Tag mit dem Scooter reicht
vollkommen aus. So gross ist die Insel ja nun auch nicht. Tja,
und kaum sind wir wieder in Portisco hält uns der Mistral für
eine Woche hier fest - so lange Mistral hatten wir schon lange nicht mehr im Juni/Juli. Windgeschützt ankern viele
grosse Motoryachten und Grosssegler vor Portisco. Das gleiche Bild finden wir auch Mitte Juli wieder, als der
Mistral für mehr als eine Woche bläst und selbst die sehr grossen Motoryachten in der Inseln vor Anker zwingt.
Während wir auf der Rückseite des Tiefs Mistral mit viel Wind aus West fest liegen, säuft Deutschland und
insbesondere auch Hilden im Gewitter ab. Wir bekommen immer wieder Bilder und Videos aus Deutschland und
auch im Fernsehen verfolgen wir die Macht der Wassermassen.
Macht aber nix, wie sind auf der Insel mit dem Wagen unterwegs, kochen Bouillabaisse, grillen leckeres lokales
Fleisch und genießen die Zeit. Auf unseren Fahrten auf der Insel sehen wir in diesem Jahr erstaunlich viele
Schildkröten, die in aller Ruhe die Strasse überqueren oder sich einfach dort
sonnen. Wir gehen viel Schwimmen und bringen
Beligou auf Vordermann. Und natürlich darf
auch die EM nicht fehlen. Wir schauen die
ersten Spiele auf dem Boot, weil im Hafen mit
Public Viewing nicht viel los ist. So erleben wir
auch, wie Deutschland nicht mehr weiter
kommt. Allerdings ist hier im Hafen
tatsächlich erst richtig etwas los im Endspiel und
laustark ertönen die Schiffshörner, als Italien Europameister wird.
Die Zahlen der Touristen sprechen von einem Niveau im Bereich von 2019 oder vielleicht noch darüber. Es fällt
insbesondere auf, dass die Zahl der italienischen Touristen stark angestiegen ist. Auch hier wird so gereist wie in
anderen Ländern, man bleibt am liebsten im eigenen Land. Also entschliessen wir uns im Juli (beim üblichen
Mistral dieses Jahr!) zu einer Fahrt
nach Bosa. Bosa ist eine der
schönsten Städte Sardiniens an
der Nordwestküste. Vorher geht
es noch nach Capras um in der
Cantina Contini Wein zu kaufen.
Wir übernachten im schönen
Queen House Bosa B&B mitten in
der Altstadt. Wir nehmen wieder
das Zimmer im 4ten Stock, auch
wenn man bis unters Dach laufen
muss. Aber von der Dachterasse
hat man einen tollen Blick auf die Altstadt und die Zitadelle. Wir haben sogar Mitbewohner - im Blumenkasten vor
dem Fenster nistet eine Taube und hat 2 Kücken in Obhut.
Wir machen eine Fahrt mit dem Motorboot auf dem Teno, sehr lohnenswert und schön. Eigentlich wollten wir am
nächsten Tag mit einem Kanu den Teno hinauffahren, aber es regnet. Zu diesem Zeitpunkt ahnen wir noch nicht,
dass die Gegend um Bosa nur wenige Wochen später ein gigantisches Feuer wüten wird bei dem viele Bauern
betroffen sind und viel Land vollständig niederbrennt.
Auf dem Rückweg am nächsten Tag zu Beligou fahren wir über Tinnura und bestaunen die fantastischen Murales,
alte Zeichungen an
den Hauswänden.
Die Murales
beschreiben in
unglaublich 3-
dimensionalen
Zeichungen das
Leben der Leute
und den Alltag, aber
auch politische
Themen und
Misstände. Ein
Besuch hier ist
immer wieder ein Erlebnis.
Zum ersten Mal seit 6 Wochen haben wir auch nennenswerten Regen. Der sonstige Regen oder auch kleinere
Gewitter bringen eigentlich immer nur den Unmut zu Tage,
Beligou und den Wagen aussen gründlich zu reinigen vom
braunen Saharasand. Tja und wenig später rauscht im Hafen
ein gigantischer Gewittersturm über Beligou hinweg. Unser
Sonnensegel hält (wir haben viel zu spät reagiert), aber bei
einigen anderen fliegen die Fetzen. Auch der Hagel ist nicht
ohne und nach 20 Minuten war der Spuk vorbei.
Allerdings sind wir auch kollosal überrascht, wie schnell sich Sardinien mit viel mehr Touristen füllt. Hatten wir
zunächst den Eindruck, dass alles recht ruhig verläuft, füllt es sich ab Mitte Juli doch ganz massiv. War es im letzten
Jahr hier leer durch Corona, ist es dieses Jahr vollkommen überfüllt - durch Corona. Wie auch in den anderen
Ländern fahren auch die Italienier am liebsten ins eigene Land, um jeglichen Restriktionen oder Quarantäne zu
entgehen. Den absoluten Höhepunkt erleben an einem Freitag im August, als wir vom Liegeplatz mit dem Auto
eine geschlagene halbe Stunde bis nach oben zur Hauptstrasse brauchen, sonst eine Sache von wenigen Minuten.
Auch das Meer ist sehr voll und alle Ankerer berichten von Geschichten mit Kollisionen oder unendlichem
Geschaukel. Wir haben selten gesehen, dass so viele an ihrem angestammten Platz im Hafen bleiben.
Wir sind daher in diesem Jahr recht viel mit dem Wagen unterwegs und sind ganz froh, dass wir jetzt eine AWD
haben, der in jedem Gelände klar
kommt. Wir finden ein Weingut
bei Luogosanto und schauen uns
sehr gern die Handproduktion
von Malloreduus an. Die kleinen
Nudeln werden mit einer leckeren
Tomatensauce und lokalen
Gewürzen meist als erster Gang
(Primo) genossen.
Wir hatten gehofft, dass an
Ferragosto vielleicht eine Feier stattfindet, aber auch in diesem Jahr fordert Corona ihren Tribut. So beschließen
wir, wie einige Andere, nach Monte Limbara auf 1200 Meter
Höhe zu feiern. Wir haben alles eingepackt, Stühle, Tisch, Essen,
Bier und Wein und sitzen mit vielen anderen Familien im Wald
bei Livemusik zusammen und feiern. Das ist zwar gar kein
Vergleich zu vor 2 Jahren, aber trotzdem sehr schön. Und auf der
Höhe entgehen wir auch den 38 bis 43 Grad am Meer. So hohe
Temperaturen bei so hoher Luftfeuchtigkeit haben hier alle noch
nicht für so lange Zeit von fast 3 Wochen erlebt. Wir sind
heilfroh, dass wir eine Klimaanlage haben. Für eine ganze Reihe
von Tagen sind wir fast gelähmt und machen nix oder nicht viel.
Und dann haben wir doch einen
recht unerwarteten Gast an
Bord. Wir setzen diesen netten
Gast natürlich unbeschadet in die angrenzenden Büsche.
Mistral
Anfänglich war mir das Mittelmeerwetter of ein
Rätsel. Im Norden fällt das Barometer und je
nach Fall kommt der Wind in ein paar Stunden
oder Tagen auf. Hier zieht der Barograph eine
gerade Linie und der Mistral schlägt mit 6-8 Bft
zu. Der Mistral entsteht als Fallwind im Rhonetal
bei Tief über Mitteleuropa und Hoch im Westen
oder Südwesten Europas. Dieser Fallwind düst
aufs Mittelmeer hinaus Richtung Südost und
wird bis nach Italien langsam schwächer, wären
da nicht Korsika und Sardinien. Die hohen Berge
der Inseln und die Strasse von Bonifacio wirken
als Trichter und verstärken den Mistral wieder
um einiges. So sind wir selbst an der Costa
Smeralda betroffen.
Ferragosto
Ferragosto oder auch Mariä Himmelfahrt am 15.
August kann als Nationalfeiertag der Italiener
gesehen werden. Man trifft sich mit der (ganzen)
Familien, kocht (oder hat schon vorgekocht), isst
zusammen und genießt den Tag im Kreise der
Liebsten. Vor Corona trafen sich die Familien z.B.
auf Monte Limabara und freiwillige Helfer haben
für wenig Geld ein 3 Gängemenue gezaubert und
serviert, für viele hundert Leute. (siehe unsere
Erzählung von 2019). Jetzt ist das alles viel kleiner
geworden, aber wir werden im nächsten Jahr
sehen.